Beim Essen nicht ablenken – Multitasking verwirrt den Geschmackssinn thinkstockphotos.de

Beim Essen nicht ablenken – Multitasking verwirrt den Geschmackssinn

  • Christian Riedel
Frauen sollen angeblich mehrere Dinge auf einmal schaffen. Multitasking nennt sich diese Fähigkeit, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Gerade wenn man auf sein Gewicht achten möchte, sollte man es vermeiden, beim Essen andere Dinge nebenher zu erledigen.

Grundsätzlich ist es besser, sich auf eine Sache zu konzentrieren und nicht mehrere Dinge auf einmal zu tun. Anstatt effektiver zu arbeiten, schafft man alles nur halb. Entsprechend leidet auch die Konzentration und die Qualität der Arbeit, wenn man Multitasking macht. Auch die Figur kann unter dem Multitasking leiden. Das gilt vor allem, wenn man beim Essen versucht, eine anspruchsvolle Aufgabe zu erledigen. Das haben zwei holländische Forscherinnen entdeckt.

Wenn der Geschmackssinn leidet


Mit allen Sinnen kann man nicht genießen, wenn man nebenher eine schwierige Aufgabe lösen muss. Tatsächlich fällt der Genuss schwer. Wie die Forscher herausgefunden haben, leidet der Geschmackssinn unter dem Multitasking. Man nimmt Aromen weniger stark wahr, wenn man nebenher etwas anderes erledigt. Beim Multitasking schmeckt alles deutlich weniger intensiv. Als Folge isst man automatisch mehr, um doch noch seine Mahlzeit besser schmecken zu können.

An der Untersuchung nahmen knapp 100 Studenten der Universitäten in Nijmegen und Leiden teil. Sie mussten sich entweder siebenstellige Zahlen- oder Buchstabenfolgen oder eine einzige Ziffer oder Buchstaben merken und bekamen dabei zwei verschiedene Konzentrationen von saurem Zitronensaft oder süßem Grenadinesirup und sollten zusätzlich Cracker mit und ohne gesalzene Butter knabbern. Im Anschluss mussten sie angeben, wie süß, salzig oder sauer ihr das Nahrungsmittel vorgekommen ist.

Obwohl die Versuchsreihe recht einfach aufgebaut war, konnten die beiden Forscherinnen dennoch direkt ein Ergebnis sehen. Wenn sich die Teilnehmer die siebenstellige Kombination merken mussten, kam ihnen die Nahrung deutlich weniger geschmackvoll vor. Das galt für alle drei Geschmacksrichtungen. Auch wenn der Unterschied nicht riesig war, war er trotzdem statistisch signifikant, wie die Wissenschaftlerinnen betonten.

Der Kalorientest


Dass das Essen weniger intensiv schmeckt, mag zwar interessant sein, eine wirklich bahnbrechende Erkenntnis ist es zugegeben nicht. Die spannenderen Ergebnisse hatten zwei weitere Tests. Beim ersten wollten die Forscherinnen wissen, wie viele Cracker mit und ohne gesalzene Butter die Probanden während des einfachen und des schwierigen Versuchs zu sich nahmen. Dabei fiel ihnen auf, dass die Teilnehmer beim schwierigen Versuch 60 Prozent der salzigen Cracker aßen. Beim einfachen Versuch verzehrten sie nur rund 45 Prozent der vorhandenen Kekse. Beim zweiten Test sollten die Probanden nach eigenen Vorlieben eine Grenadine-Wasser-Mischung zusammenstellen. Auch hier mischten die Versuchspersonen deutlich mehr Sirup ins Wasser, wenn sie sich die siebenstellige Kombination merken mussten. Überraschend war, dass die Bewertung der Süße anschließend gleich ausfiel. Das Gemisch schmeckte beim leichten Test mit weniger Sirup gleich süß wie das Getränk mit mehr Zucker beim schweren Test.

Fazit


Es ist ein Problem der heutigen Zeit, dass das Essen zur reinen Nahrungsaufnahme gerät und wir während der Mahlzeiten mit vielen anderen Dingen beschäftigt sind. Wir sitzen am Computer oder vor dem Fernseher, hören Musik, telefonieren oder arbeiten während wir essen. Entsprechend essen wir mehr oder mischen mehr Salz bzw. Zucker ins Essen, um trotzdem das volle Geschmackserlebnis zu bekommen. Schließlich hat jeder Mensch nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit, die wir auf alle Tätigkeiten verteilen müssen. Trifft die niederländische Untersuchung zu, folgt daraus unweigerlich, dass wir beim Multitasking mehr Kalorien zu uns nehmen, als wenn wir uns auf die Mahlzeit konzentrieren und in Ruhe essen würden.

Reine van der Wal (Radboud Universiteit Nijmegen) und Lotte van Dillen (Universiteit Leiden): Psychological Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1177/0956797612471953

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