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Irrtum Milch – Knochen profitieren nicht

  • Christian Riedel
Wer in seiner Kindheit viel Milch trinkt, ist im Alter nicht unbedingt besser vor Knochenbrüchen geschützt. Das behaupten zumindest Forscher der renommierten Harvard Medical School in Boston (USA).

„Trink Milch, das stärkt die Knochen.“ Diesen Satz oder zumindest einen ähnlichen haben wir bestimmt alle in der Kindheit zu hören bekommen. Geht es nach einer aktuellen US-Studie brauchen die Kinder in der Zukunft nicht mehr so viel Milch trinken. Denn allem Anschein nach hat sie keinen direkten Nutzen für die Knochendichte im Alter. Zumindest wurde die Zahl der Hüftfrakturen bei Senioren durch den Konsum von Milch in der Kindheit in einer entsprechenden Studie nicht positiv beeinflusst.

Unsere Knochendichte nimmt bis zum 30. Lebensjahr zu. Den meisten Zuwachs haben wir dabei in der Adoleszenz, also der Zeit zwischen dem 13. und 19. Lebensjahr. Je mehr Knochen man in dieser Zeit aufbaut, desto stabiler ist das Skelett auch im Alter. Da Knochen zu einem großen Teil aus Kalzium bestehen, ist es nicht verwunderlich, dass man lange annahm, dass man die Knochendichte durch einen hohen Kalziumanteil in der Nahrung, also durch den Konsum von viel Milch und Milchprodukten, in dieser Zeit verbessern kann. Die US-Forscher sind hier anderer Meinung.

Zwei Studien


Tatsächlich haben sie in zwei großen Kohortenstudien Hinweise gefunden, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Milchkonsum und der Knochendichte im Alter gibt. Dazu hat sich ein Forscherteam der Harvard Medical School in Boston, USA, die Daten der Nurses‘ Health Study und der Health Professionals Study genauer angeschaut (JAMA Pediatr 2013; online 18. November 2013). In beiden Studien, bei denen die Gesundheitsdaten von 62.000 Frauen und 35.000 Männern hinterlegt sind, mussten die Teilnehmer Angaben über ihren Milch- und Käsekonsum in ihrer Jugend machen. Diese Angaben setzten die Forscher in Zusammenhang mit der Zahl von Hüftfrakturen bei Männern ab dem 50. Lebensjahr bzw. bei Frauen nach der Menopause.

Insgesamt erlitten von den 62.000 Frauen 1.226 eine Hüftfraktur. Bei den 35.000 Männern waren es 490. Bei 18.800 Frauen, also rund 30 Prozent, stellten die Forscher eine Osteoporose bzw. zumindest eine erniedrigte Knochendichte fest. Bei den Männern waren mit 1.332 nur 4 Prozent betroffen.

Schadet Milch sogar?


Doch egal ob Mann oder Frau, bei beiden Geschlechtern konnten die Wissenschaftler keine schützende Funktion von Milch und Milchprodukten feststellen. Bei Männern war sogar das Gegenteil der Fall. So häuften sich sowohl die Fälle von Osteoporose wie auch von Hüftfrakturen bei Männern, die in ihrer Jugend mehr Milch getrunken hatten. Das Fraktur-Risiko steigt nach Angaben der Forscher pro Glas Milch am Tag um 9 Prozent. Entscheidend war hierbei auch die Körpergröße. So haben größere Männer auch ein erhöhtes Fraktur-Risiko, sie essen und trinken aber auch generell mehr.

Auch unter Betrachtung anderer Risikofaktoren konnten die Wissenschaftler keinen Zusammenhang zwischen dem Milchkonsum in der Jugend und der Knochendichte bzw. dem Fraktur-Risiko im Alter feststellen.

Den Forschern stellen sich nun im Grunde genommen noch zwei Fragen. Die eine lautet, wie genau die Erinnerungen der Studienteilnehmer an ihren Milchkonsum in der Jugend waren, die ja immerhin die Basis der Untersuchung bilden. Die zweite Frage ist, wie groß der Einfluss der Herkunft auf die Knochendichte ist. Schließlich besteht in den Industrieländern im Normalfall keine Mangelernährung. So leidet in der westlichen Welt kaum jemand unter einem Mangel an Mineralien, die auch beim Knochenaufbau eine Rolle spielen. Entscheidender wäre die Frage, ob in Ländern, in denen traditionell wenig Milch konsumiert wird, sich der Milchkonsum in der Kindheit auf die Knochendichte im Alter entscheidend auswirkt.

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