Was macht einen guten Kletterer aus? thinkstockphotos.com
Trainingstipps

Was macht einen guten Kletterer aus?

In jeder Sportart braucht es bestimmte Voraussetzungen, um optimale Leistung abrufen zu können. Das ist beim Klettern nicht anders. Wie der ideale Kletterer aussieht und wie man dieses Ideal erreichen kann.
Um den idealen Kletterer beschreiben zu können, muss man sich zunächst vor Augen halten, worauf es ankommt. „Die Anforderungen unterscheiden sich natürlich immer etwas von Disziplin zu Disziplin“, erklärt Prof. Dr. med. Volker Schöffl, der unter anderem die Deutsche Kletternationalmannschaft medizinisch betreut und selbst begeisterter Kletterer ist. Auch wenn beim Klettern immer Kraftausdauer, Maximalkraft und Schnellkraft benötigt werden, sind sie je nach Disziplin etwas unterschiedlich gewichtet. Jemand der bouldert, braucht etwas mehr Maximalkraft, schließlich muss er wenige, dafür meist relativ schwere Züge absolvieren. Wer eine lange Route klettert, braucht hingegen etwas mehr Kraftausdauer, da mehr Züge und länger geklettert wird.

Der ideale Kletterer

Dennoch gibt es Rahmenbedingungen, die ein Profi-Wettkampfkletterer im Idealfall erfüllt. Schöffl beschreibt: „Meine Erfahrung und auch verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass der perfekte Kletterer etwa 1,70 groß und relativ leicht ist. Zudem hat er ein großes Maß an Fingerkraft und Fingerkraftausdauer und eine starke Core Strength. Dazu einen Körperfettanteil von etwa sechs bis acht Prozent.“ Und wie kann man als Otto-Normal-Kletterer diesem Zustand möglichst nahe kommen?

Vielfältigkeit ist Trumpf

Eines vorab: Es geht nur mit einem konkreten Ziel und Plan. Generell gilt: Als engagierter Hobbykletterer ist es vor allem wichtig, vielfältig zu trainieren, man nähert sich praktisch dem Ideal von verschiedenen Seiten an. „Man muss alles nutzen, um besser zu werden. Sowohl bouldern, aber auch Ausdauerrouten klettern. Man sollte das ganze Jahr über sowohl drinnen wie draußen klettern, sowohl am Kampusboard arbeiten aber natürlich auch Hüft-, Bauch- und Schulterstabilität trainieren“, erklärt Schöffl. Und selbstverständlich sollten auch explizit Technikeinheiten auf dem Plan stehen.

Über den Tellerrand hinaus

Gleichzeitig gilt es aber, sich nicht nur auf das Klettern zu fixieren, sondern auch andere Aspekte für eine allgemeine körperliche Fitness in sein Training einzubeziehen. Auch im Sinne einer guten Verletzungsprävention zählen dazu ein gezieltes Ausgleichen muskulärer Dysbalancen, Mobilisationstraining, Koordinationstraining und Stabilisationstraining mit instabilen Systemen, beispielsweise mit dem Schlingentrainer.
Dazu zählt aber auch ein gewisses Maß an Grundlagenausdauertraining. „Grundlagenausdauer ist sportartunspezifisch. Sie ist insofern wichtig, als sie es erlaubt, das sportartspezifische Training besser zu kompensieren“, erklärt der DAV-Arzt. Wer über eine gute Grundlagenausdauer verfügt, schüttet weniger Stresshormone unter Belastung aus, klettert im konkreten Fall mit einer niedrigeren Herzfrequenz, ist kognitiv leistungsfähiger. „Für einen Kletterer bedeutet das natürlich, dass er zielgenauer klettern kann, weniger Bewegungsfehler macht, weniger abrutscht, die Route vielleicht besser lesen kann“, sagt Schöffl. „Man darf das zwar nicht überbewerten. Aber bei einem Spitzensportler gehören ein bis zwei Grundlageneinheiten pro Woche auf jeden Fall dazu.“ Und auch Hobbykletterer sollten ihre Grundlagenausdauer trainieren. Sie werden davon profitieren.

Das Training gestalten

Für jede Trainingseinheit sind Warm-Up und Cool-Down obligatorisch. „Das Aufwärmen sollte dabei im Sinne einer Aktivierung gestaltet werden“, sagt Schöffl. „Beispielsweise kann man zu Beginn etwas Seilspringen, dann die Gelenke aufwärmen, etwa mit Schulterkreisen oder Handgelenkkreisen. Dann noch ein, zwei leichte Kräftigungsübungen und dann die Belastung starten.“ Auch beim Klettern oder Bouldern selbst geht es danach natürlich darum, langsam die Intensität zu steigern. Etwas traversieren an großen Griffen zum Einstieg, anschließend leichte Routen oder Boulder, dann mittelschwere. Schwere sollten erst nach etwa 30 Minuten in Angriff genommen werden. Zum Abschluss der Trainingseinheit sollte ein aktives Cool-Down absolviert werden. „Das umfasst ein bisschen leichtes ausklettern, ein bisschen Fingergymnastik und eigentlich sollte auch ein allgemeines Runterkommen aufgenommen werden, also idealerweise beispielsweise 15 Minuten auslaufen“, erklärt der DAV-Teamarzt.

Auspowern am Ende einer Trainingseinheit?

Verfolgt man diese Herangehensweise der Trainingsplanung wird deutlich, dass das weitverbreitete „totale Zerstören“ nach einer Kletter- oder Bouldereinheit keinen Sinn macht. „In meinen Augen ist das absolut kontraproduktiv“, sagt Schöffl und führt aus: „Gerade die typische Einheit am Campusboard nach dem Training sollte man tunlichst lassen. Es fehlt einem dazu die Maximalkraft und die Feinkoordination und dadurch hat man ein deutlich höheres Verletzungsrisiko. Eine Campusboard-Einheit sollte vielmehr als Trainingselement relativ früh nach dem Aufwärmen integriert werden.“

Gegen ein paar Kraftübungen nach dem Klettern spricht dem Experten zufolge aber nichts. Wenn ein Plan dahintersteht und noch die nötigen Reserven für eine korrekte Übungsausführung vorhanden sind. Wer sich völlig auspowert, braucht eine entsprechend lange Zeit zur Regeneration. „Wenn ich jetzt trainiert habe, mich dann noch total auspowere und bis zur nächsten Einheit aber nur einen Tag dazwischen habe, dann werde ich sicherlich nicht fit beim nächsten Training antreten“, veranschaulicht er. Und das macht dann keinen Sinn und ist nicht zielführend.

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten