Große Überraschung, Riesenerfolg: Auftaktsieg gegen Schweden MT Melsungen -- Ex-Nationalapieler, Europameister, Vize-Weltmeister, heute Sportvorstand des Handball-Bundesligisten MT Melsungen
Kennerblick – Olympia 2024

Große Überraschung, Riesenerfolg: Auftaktsieg gegen Schweden

  • Michael Allendorf
In seiner Kolumne zum DHB-Team bei den Olympischen Spielen von Paris blickt unser Experte Michael Allendorf (Sportvorstand MT Melsungen) mit seinem Kennerblick auf das erfolgreiche Auftaktspiel der DHB-Auswahl gegen Schweden zurück, warnt aber auch vor dem nächsten Gegner.
Das nenne ich eine Überraschung. Eine große sogar. Vor allem aber ist der 30:27 (12:11)-Auftaktsieg der DHB-Männer beim Olympischen Handballturnier in Paris gegen die zum engeren Favoritenkreis zählenden Schweden ein Riesenerfolg.

Wenn die Jungs von Alfred Gislason weit kommen wollen, müssen sie so auftreten wie gestern Abend:

Ein sensationeller Torwart in Andreas Wolff, ein richtig gutes Abwehrspiel mit Julian Köster – dem man den Spaß am Spiel in jeder Szene angesehen hat – und Johannes Golla im Innenblock und ein sehr gelungenes Kreisläuferspiel, vor allem so wie in der ersten Hälfte.

Das Team hat zudem bewiesen, dass sie mit kleinen Rückschlägen und Durchhängern inzwischen gut umgehen kann – die Jungs sind immer bei sich geblieben. Sei es der Schock vom frühen Ausfall Tim Hornkes, die ähnlich frühzeitige rote Karte gegen Juri Knorr oder aber die anfangs schwache Chancenverwertung.

Hinweise auf die gute Entwicklung des Teams

Sicher hatte Gislason davor gewarnt, den – übrigens genauso starken – Andreas Palicka im schwedischen Tor einzuwerfen. Doch genau das geschah zunächst. Zum Glück hielt Wolff genauso irre. Nach sieben Minuten hätte man meinen können, das Spiel geht 3:3 aus … Doch die Mannschaft hat die Ruhe bewahrt und sich im Abschluss gesteigert. Wohlgemerkt: Immer aus einer starken Abwehr heraus. Außerdem hat sie eine Reihe ausgelassener Momente, sich vorentscheidend abzusetzen – zwischen der 40. und 50. Minute – auch nicht aus dem Konzept gebracht.

Das spricht für die gute Entwicklung des Teams. Für den Spirit. Auch, dass der junge Neuling Marko Grgic die Siebenmeter werfen durfte, selbst nach dem vergebenen ersten Versuch.

Dass die Schweden diesmal den Schalter nicht umlegen konnten und hinter ihren Möglichkeiten blieben, liegt natürlich auch an der starken, fokussierten Teamleistung unserer Jungs. Wieso die Schweden Teufelskerl Palicka nach einer vertretbaren Pause in Hälfte zwei nicht wieder zurückgewechselt haben, kann ich mir und Euch übrigens nicht wirklich erklären. Uns soll’s recht gewesen sein.

Zur – gerechtfertigten - roten Karte gegen Juri Knorr: Luca Witzke ersetzte ihn großartig. Er war mehr als nur ein Joker. Zusammen mit Wolff, Golla und dem in den entscheidenden Phasen sehr torgefährlichen und abschlussstarken Renars Uscins war er der Garant für den Erfolg. Dass Alfred Gislason in den ersten Angriffen sogar mit ihm begann, um Juri ein wenig Last von den Schultern zu nehmen, war ein gelungener Schachzug.

Ob man den Jungs die Eröffnungsfeier wirklich vorenthalten musste mit Blick auf das erste Spiel am nächsten Abend, wurde ich einige Male gefragt. Also, ich hätte als Trainer genauso entschieden. Hätten zwischen dem Event und dem ersten Match zwei Tage gelegen, wäre das evtl. anders gewesen und man hätte die ganze Truppe teilnehmen lassen können. Aber so kann man ja auch angesichts des Ergebnisses nur sagen: Alles richtig gemacht.

Was der Erfolg gegen Schweden wert ist, zeigt das Japan-Spiel

Das mag übrigens auch für den Bundestrainer gelten, der zwecks konzentrierterer Video-Vorbereitung auf die Spiele ein Hotelzimmer dem Olympischen Dorf vorgezogen hat. Diese Entscheidung ist zudem auch ein großer Vertrauensbeweis der Mannschaft gegenüber, die nun ja ohne den ‚Chef‘ im Olympiadorf wohnt. Aktuell aber ist alles auf einem guten Weg.

Um weit zu kommen, müssen unsere Jungs jetzt aber unbedingt auch die gegen Kroatien überraschend starken Japaner im nächsten Spiel schlagen. Was der Erfolg gegen Schweden wert ist, sehen bzw. wissen wir also erst am Montag. Unterschätzen dürfen wir Japan auf keinen Fall. Wir müssen nachlegen.

In diesem Sinne: Ich freue mich auf das zweite Match und melde mich danach natürlich wieder. Bis dahin:

Viel Spaß bei und mit den Olympischen Spielen.

Euer Michael Allendorf   

Michael Allendorf Handball

Zur Person: Michael Allendorf

Michael Allendorf, Jahrgang 1986, spielte in der Bundesliga für die SG Wallau-Massenheim, die HSG Wetzlar sowie für MT Melsungen. Der Linksaußen kam auf insgesamt 493 Einsätze und erzielte 1.595 Tore. Für die A-Nationalmannschaft spielte er 17mal und warf 26 Tore. Seine größten Erfolge feierte der gebürtige Heppenheimer mit der A-Jugend Wallau-Massenheims (Deutscher Meister 2005) sowie als Junioren-Nationalspieler (Europameister 2006, Vize-Weltmeister 2007). In der letzten Saison seiner aktiven Laufbahn (2021/2022) schnupperte Allendorf bereits Manager-Luft als Assistent der Geschäftsleitung. Danach wechselte er komplett auf die Manager-Seite. Inzwischen verantwortet er als Sport-Vorstand der MT den Bundesligabereich der Nordhessen.    

Weiterführende Informationen zum olympischen Handballturnier


handball kolumne allendorf
(©paris2024.org)

Kontakt

Copyright © 2017 netzathleten