Wärmeanwendungen – Das neue Erfolgsrezept für Sportler
- Stefan Schnürle
Bereits die Steinzeitmenschen ahnten, dass Wärme positive Wirkungen auf den Menschen besitzt. So sollen sie sich von heißen Steinen eine Linderung für diverse Beschwerden versprochen haben. Auch die Römer, die die Bäder-Hochkultur entwickelt haben, waren von den positiven Gesundheitseffekten der Wärme überzeugt.
Dazu muss man zunächst wissen, dass alle unsere Stoffwechselgänge temperaturabhängig sind. Denn der Mensch besitzt ein körpereigenes Wärmeregulationssystem, das ausschließlich über die Durchblutung arbeitet.
„Wärme kann nur übers Blut transportiert und verteilt werden und über das Blut steuert der Körper die Wärmeverteilung im gesamten Organismus. Ohne Blut bzw. Durchblutung kein Wärmetransport“, erklärt Dr. med. Otto Pecher, führender Experte auf dem Gebiet der Wärmeanwendungen und Leiter der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung von Physiotherm.
Nachdem man herausfand, dass Wärme sogar bösartige Tumore zerstören kann, gab es vielseitige Versuche (Wasserdampf, heiße Bäder, Infrarotlampen), um künstliches Fieber zu erzeugen. Da Infrarotstrahlen nicht weit genug in den Körper eindringen, kam man auf die Idee, Radiowellen zu verwenden.
Diese sogenannten BSD-Geräte besitzen acht Antennen, die Radiowellen aussenden und die Tumore somit singulär auf 39-41° Celsius erhitzen. Allerdings gibt es sie nur in 14 onkologischen Zentren in Deutschland, da ein Gerät etwa 1,5 Millionen Euro kostet.
Wärmeanwendung: die richtige Anwendung entscheidet
Dr. Pecher weist aber ausdrücklich hin, dass derartiges künstlich erzeugtes Fieber im Heim-, Wellness- und Sportbereich nichts zu suchen hat. Denn mit Hitze sollte man besser nicht spielen.
Nicht umsonst gibt es jährlich 100 dokumentiere Todesfälle in Finnland und Schweden durch unsachgemäße Nutzung der finnischen Sauna. Daher versteht Dr. Pecher die Werbung einiger Infrarotkabinenhersteller, dass ihre Kabinen Fieber erzeugen können, nicht: „Die sollten lieber froh sein, dass sie es nicht tun.“
Nur wer die Temperatur an den richtigen Stellen im Körper erhöht, kann die gewünschten Leistungssteigerungen erzielen. Dazu hilft es zu wissen, dass man den Körper in mehrere Bereiche einteilen muss. Einzig die Temperatur im Kern liegt normalerweise konstant zwischen 35,8° und 37,2°, auch wenn sie im Verlauf des Tages kleinen Schwankungen unterliegt.
„Im Körperkern will ich kein Fieber, also keine 38° erzeugen. Aber in der Körperschale, in der es den Sportler häufig zwickt, haben wir Temperaturen von etwa 32° im Oberschenkel, im Knie 30° und 20° bis 25° im Unterschenkel. Wenn ich es schaffe, in diesem Gewebe die Temperatur um 5° zu erhöhen, also zum Beispiel im Knie von 30° auf 35°, erreiche ich eine Verdopplung des Stoffwechsels und dadurch eine 20% erhöhte Perfusion (Anm. der Red.: Durchblutung) im Gewebe“, erklärt Dr. Pecher.
Wärmeanwendung vor dem aktiven Aufwärmen durchführen
Der bessere Stoffwechsel führt zu einer besseren Leistungsfähigkeit. Immer mehr Mannschaften und Einzelsportler setzen daher auf die Kraft der Wärme, wie beispielsweise die österreichischen Skispringer. Mit Hilfe von modernen Infrarotkabinen (im Bild: Infrarotkabine ERGO BALANCE I PLUS; © Physiotherm) kann sich jedoch jeder die Wärme auch bequem nach Hause holen.
Ein Durchwärmen auf 37° verbessert die Elastizität und die Reaktionsgeschwindigkeit des Gewebes. Auch die Koordinationsfähigkeit kann durch Wärmeanwendungen verbessert werden. Dadurch erhöht sich der Trainingseffekt bei gleichzeitiger Reduzierung des Verletzungsrisikos. Durch die bessere Durchblutung und Versorgung im Muskelgewebe helfen Wärmeanwendungen sogar bei Muskelkater.
Dieses passive Vorwärmen (Saunaanwendungen sind dafür ungeeignet) sollte vor dem sportartspezifischen, aktiven Aufwärmen stattfinden.
Es gibt aber noch weitere positive Effekte der Wärmeanwendung. Zum Beispiel produzieren wir aus der Nahrung sehr viel Wärme. Diese benötigen wir, da wir ständig Wärme an die Umwelt abgeben.
Wärme lindert sogar Schmerzen
„Wird dem Körper nun Wärme zugeführt, versucht er sofort jede eigene Wärmeproduktion zu verhindern, da er sonst überhitzen würde. Die Folge ist eine komplette Muskelentspannung. Wärme entspannt also reflexartig die Muskulatur“, sagt Dr. Pecher. Die gleichzeitig verbesserte Versorgung der Muskulatur sowie der bessere Stoffwechsel führen so zu einer entscheidenden Unterstützung der Regenerationsphase.
Bei einer akuten Verletzung sollte dennoch immer erst mit der Kältetherapie begonnen werden, ehe man nach zwei bis drei Tagen mit der Wärmeanwendung startet - wenngleich Wärme auch Schmerzen lindern kann. Dies ist einerseits der Schmerzweiterleitung und sekundär auch der Muskelentspannung zu verdanken.
Wärme ist also in vielfacher Hinsicht hilfreich für unseren Körper. Doch nicht nur dieser freut sich darüber. Etwas Wärme zwischendurch tut unserer Psyche, gerade in der kalten Jahreszeit, ebenfalls ausgesprochen gut.