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Was ist die Rotatorenmanschette?

  • Nils Borgstedt
Schmerzen, die beim Heben des Armes, Wurfbewegungen oder Überkopfarbeiten in der Schulter auftreten, rühren häufig von der Rotatorenmanschette her. Auch die bekannte Kalkschulter hängt in der Regel mit der Rotatorenmanschette zusammen. Doch welche Funktion hat diese Muskelgruppe genau und warum ist sie so verletzungsanfällig?

„Rotatorenmanschette ist der Begriff für die tiefen Sehnen in der Schulter.“, erklärt Dr. Bernd Baumann, Chefarzt an der Schön Klinik München Harlaching im Bereich der Knie- Hüft und Schulterchirurgie. In der menschlichen Schulter gibt es zwei Muskelschichten, eine obere und eine tiefere. Die obere Schicht ist der Deltamuskel, der Muskel also, den man bei einer stark trainierten Schulter deutlich sieht. Die tiefere Schicht beschreibt die Rotatorenmanschette. „Vereinfacht ausgedrückt besteht sie aus einem vorderen, einem mittleren und einem hinteren Anteil, setzt sich aber aus vier Muskeln und ihren Sehnen zusammen. Sie umscheidet den Oberarmkopf vorne, oben und hinten komplett.“, erläutert Dr. Baumann.

 

Die Muskeln der Rotatorenmanschette

Die vier Muskeln, die die Rotatorenmanschette bilden sind:
- Musculus infraspinatus
- Musculus supraspinatus
- Musculus subscapularis
- Musculus teres minor

Die Sehen der vier genannten Muskeln setzten alle am Oberarmkopf an und lassen sich an ihrem Ursprung kaum mehr voneinander unterscheiden. „Das ist auch der Grund, warum man von der Rotatorenmanschette spricht, obwohl es sich um mehrere Muskeln handelt.“, führt Dr. Baumann aus.

Aufgabe der Rotatorenmanschette

Da es sich bei der Schulter um ein kraftschlüssiges Gelenk handelt, die Pfanne also relativ klein, der Kopf relativ groß ist, besteht die Hauptaufgabe der Rotatorenmanschette darin, den Oberarmkopf über den gesamten Bewegungsumfang in der Pfanne zu führen. „Die Schulter ist das beweglichste Gelenk im Körper und dieser hohe Bewegungsumfang ist natürlich nur möglich, wenn die Bewegungen von Weichteilen dynamisch geführt werden, in diesem Fall also den Sehnen der Rotatorenmanschette.“, sagt Dr. Baumann. Neben dieser passiven Rolle, ermöglicht die Rotatorenmanschette – und darin besteht ihre zweite Aufgabe – auch aktive Bewegungen. Vor allem bei Rotationsbewegungen, also dem Drehen des Armes nach innen oder außen, ist die Rotatorenmanschette beteiligt.

„Ist beispielsweise die Rotatorenmanschette gerissen, wird der Oberarmkopf nicht mehr richtig geführt, er steigt nach oben und in der Folge kann der Arm häufig nicht mehr gehoben werden. Es kann sich zudem eine Arthrose bilden.“, erklärt der Experte die Probleme, die bei einer defekten Rotatorenmanschette auftreten können.

Eine weitere Aufgabe von bestimmten Teilen der Rotatorenmanschette ist das Führen der langen Bizepssehne. „Und genau diese Gegebenheit führt bei Wurfsportlern oft zu Schädigungen.“, weiß Dr. Baumann.

 

Verletzung der Rotatorenmanschette – Überlastung

Der Halteapparat der langen Bizepssehne wird bei Wurfsportarten, Kampfsport oder Turnen sehr beansprucht. So kann die lange Bizepssehne bei repetitiven Belastungen und bestehender Anlage zu Teileinrissen an der Rotatorenmanschette führen. Eine solche Verletzung ist in der Regel eine klassische Überlastungsverletzung, ein so genanntes Over-Use-Syndrom.

 

Verletzung der Rotatorenmanschette – Traumata

Bei Sportlern kann es außerdem zu traumatischen Verletzungen kommen. „Bei einem Sturz auf den Arm oder wenn einem Handballspieler beim Wurf in den Arm gegriffen wird, können daraus durchaus auch Verletzungen an der Rotatorenmanschette resultieren.“ Weitaus häufiger, egal ob Sportler oder nicht, treten aber Abnutzungserscheinungen und Entzündungen als Ursache auf. Grund dafür ist unter anderem die Anatomie der Schulter.

 

Verletzung der Rotatorenmanschette – Entzündungen

Die erste anatomische „Schwachstelle“ der Rotatorenmanschette ist der Verlauf ihrer Sehnen, allen voran der oberen, der Supraspinatus-Sehne. Sie läuft zwischen Oberarmkopf und Schulterdach hindurch. „Die Sehne kann dort vom Knochen eingeengt werden, beispielsweise, wenn sich ein Knochensporn entwickelt. Zudem befindet sich in diesem Zwischenraum, medizinisch: subacromialer Raum, ein Schleimbeutel. Dieser kann sich entzünden und den Raum noch zusätzlich einengen.“ Eine Ursache für eine Schleimbeutelentzündung können Kalkablagerungen in der Rotatorenmanschette sein. „Dann spricht man auch von der so genannten Kalkschulter.“, sagt der Orthopäde.

Die Schleimbeutelentzündung trete vor allem Patienten zwischen 30 und 40 Jahren auf, so Dr. Baumann. Je älter die Betroffenen werden, desto häufiger kommt noch eine weitere Problematik zum Tragen.

 

Verletzung der Rotatorenmanschette – degenerative Prozesse

Die Ansatzzone der Rotatorenmanschette degeneriert im Alter sehr häufig. „Dadurch wird die Rotatorenmanschette dünner und reißt schließlich. So kann sich die ganze Rotatorenmanschette zurückziehen und ihre Funktion nicht mehr korrekt erfüllen.“, erklärt Dr. Baumann. „Das Hauptsymptom, das bei den erwähnten Problemen mit der Rotatorenmanschette entsteht, ist das so genannte Impingement. Es ist gekennzeichnet durch Schmerzen beim aktiven Heben des Armes und bei schnellen Drehbewegungen.“

 

Behandlung von Verletzungen der Rotatorenmanschette

Wie Probleme an der Rotatorenmanschette behandelt werden können, ist von der Art und Weise der Verletzung abhängig. „So lange die Sehnen selbst noch nicht betroffen sind, kann man gut mit Physiotherapie behandeln. Einen entzündeten Schleimbeutel kann man mit Hilfe eines Schlüssellocheingriffs entfernen und den knöchernen Raum etwas erweitern. Sollten allerdings die Sehnen gerissen sein, wird ein größerer, operativer Eingriff nötig und die Sehnen müssen genäht werden.“, zeigt Dr. Baumann verschiedene Behandlungsmöglichkeiten auf, weist allerdings darauf hin, dass eine fundierte klinische Untersuchung und Anamnese von einem Facharzt unabdingbar ist. „Die Schmerzen können natürlich auch von anderen Schulterproblemen her rühren. Zum Beispiel Instabilitäten oder Arthrose.“

Um die Diagnose zu stellen kommen in der Regel verschiedene bildgebende Verfahren zum Einsatz. Neben Röntgenbild und Ultraschall, laut Dr. Baumann sehr aussagekräftig im Bereich der Rotatorenmanschette, liefert eine Kernspintomographie die meisten Informationen.

 

Training um Verletzungen der Rotatorenmanschette vorzubeugen

Um Verletzungen der Rotatorenmanschette vorzubeugen, ist ein ausgewogenes Training zentral. „Vor allem die Rotationsbewegungen sollten ins Training integriert werden“, empfiehlt der Mediziner. „Klassische Übungen, wie etwa das Bankdrücken oder Butterfly-Übungen mit viel Gewicht, sind für die Rotatorenmanschette nicht sinnvoll. Vielmehr sind solche Übungen wichtig, die die Schulter zentrieren und den Kopf in der Pfanne halten. Zu empfehlen wären Übungen mit Innen- und Außenrotation des Armes am Seilzug.“

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