Besser Sportpause bei Erkältung! Simon auf Pixabay
Fit mit Herz!

Besser Sportpause bei Erkältung!

  • Prof. Dr. med. Timo Heidt
In unserer Klinik betreuen wir immer wieder ambitionierte Freizeitathleten, aber auch Profisportler mit den Folgen langwieriger, nicht vollständig auskurierter Infekte. Beim Check wird dann schnell deutlich, dass ein wesentlicher Grund für den hartnäckigen Verlauf des Infekts Sporteinheiten im Anfangsstadium der Krankheit war. Die Erkrankung wurde nicht ausreichend im Training berücksichtigt.

Dabei gilt: „You can’t build fitness on a sick body!“

Im Vergleich zu anderen Patientengruppen ist auffällig, dass sportorientierte Menschen oft Schwierigkeiten haben, eine konsequente körperliche Pause einzulegen. Besonders gilt dies im Fall einer lästigen Erkältung, die subjektiv als nicht so schwerwiegend eingeschätzt wird. Die Sorge, Kondition und Fortschritte durch eine krankheitsbedingte Auszeit einzubüßen, treibt viele dazu, trotz Symptomen weiter zu trainieren.

Dabei macht dies meist wenig Sinn und kann auch nachhaltige gesundheitliche Probleme verursachen.

Warum ein kranker Körper keine Kondition aufbaut und welche Risiken bestehen, wenn man trotz Erkältung trainiert

Eine Erkrankung steht dem Ziel eines körperlichen Trainings, sei es Muskelaufbau oder Herz-Kreislauftraining, diametral entgegen. Der Körper verwendet in dieser Phase seine Ressourcen, um die Ursache des Infekts zu bekämpfen. Zunächst wird dabei die

gespeicherte Energie aus der Leber und der Muskulatur verwendet, bevor er an die Fettreserven geht. Das liegt vor allem daran, dass die im Fettgewebe gespeicherte Energie deutlich aufwendiger zu mobilisieren ist als die Energie aus der Muskulatur. Dieser Effekt lässt sich leider nicht wegtrainieren und wird bei fieberhaften Infekten besonders deutlich.

Darüber hinaus geht der Körper bei Infektionen an seine Reserven und stellt durch Proteinabbau (Muskulatur) Aminosäuren für das Immunsystem zur Verfügung. Als Konsequenz wurde in Studien während der Krankheitsphase eine Abnahme der Muskelkraft um 5 - 15% beschrieben. Jede sportliche Aktivität, die ebenfalls Energie benötigt, konkurriert entsprechend mit dem Immunsystem um wertvolle Ressourcen. 

Der Fieber-bedingte Verlust von Flüssigkeit führt zudem zur Dehydratation der Zellen. Dies behindert viele Stoffwechselprozesse und erschwert die Bereitstellung von Glukose und den Erhalt eines ausgeglichenen Energiestoffwechsels.

Und noch einen Zusammenhang sollten Sie kennen: Durch die Aktivierung des vegetativen Nervensystems erhöht sich der Gefäßwiderstand.  Zusammen mit dem erhöhten Sauerstoffverbrauch bei Fieber sowie einer Abnahme der kardialen Leistung reduziert sich dadurch die Ausdauerleistung und maximale Muskelkraft. Auch die Reaktionsgeschwindigkeit und Koordination werden durch eine Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit beeinträchtigt. In einem solchen Zustand ist Training weitgehend ineffektiv.

Auch wenn diese Effekte bei einer „einfachen“ Erkältung nicht so offensichtlich sind wie bei einem fieberhaften Infekt, so sind die Mechanismen doch dieselben.

Ignoriert man den Zustand des Körpers, verzögert sich die Erholung des Körpers deutlich und die Symptomatik der Erkrankung kann sich verschärfen. Unter dem Strich verliert man dadurch mehr Trainingszeit als bei einer gezielten und kurzen Pause.

Worst Case: Einige Erkältungsviren können eine Herzmuskelentzündung auslösen, die sogenannte Myokarditis. Dem Immunsystem werden Angriffsziele geboten, die Bestandteilen der Herzmuskulatur zum Verwechseln ähnlich sind. Das angeborene Immunsystem richtet sich dadurch nicht nur gegen die Viren, sondern auch gegen das eigene Herzmuskelgewebe. Eine Beanspruchung der Herzmuskulatur durch Sport erhöht dieses Risiko, da anstrengungsbedingt mehr Angriffsziele an der Herzmuskulatur freigesetzt werden.  

Im schlimmsten Fall können Herzrhythmusstörungen oder eine Herzschwäche ausgelöst werden. Eine lange sportliche Zwangspause von mindestens 3 bis 6 Monaten ist dann die Folge.  

Der „Neck – Check“

Auch wenn die Evidenz der Empfehlung sehr begrenzt ist, bietet der „Neck-Check“ für Sportler eine einfache und grobe Richtlinie, um zu entscheiden, ob man, wenn überhaupt, trotz einer Erkältung sportlich aktiv sein kann oder ob eine Pause dringend eingelegt werden muss.

Befinden sich die Symptome vorwiegend oberhalb des Halses (Schnupfen mit lediglich leichtem Kratzen im Hals, laufender Nase oder leichtem Kopfschmerz) ist von einem schwachen viralen Infekt auszugehen und eine körperliche Aktivität ist prinzipiell, aber in Maßen möglich. 

Liegen die Symptome jedoch unterhalb wie bei Husten, stärkeren Halsschmerzen, Muskelschmerzen, Bauchschmerzen oder sogar Fieber, sollte auf Sport in jedem Fall verzichtet werden.

Grundsätzlich sollte bei leichten Erkältungssymptomen nur trainiert werden, wenn es das eigene Körpergefühl zulässt und man sich fit genug dafür fühlt. Sportler besitzen ja grundsätzlich einen starken Willen, auch körperliche Schmerzen auszuhalten. Dieser Kampfgeist ist bei der Frage, soll ich bei leichten Symptomen trainieren oder nicht, nicht angebracht.

Auch wenn man den Neck-Check besteht, sollte das Trainingspensum für den Zeitraum der Erkältung deutlich reduziert werden und im regenerativen Bereich stattfinden. Nehmen die Symptome hierunter zu, gilt wieder der Grundsatz der vollständigen Pause. 

Wie lange sollte man nach einer Erkältung pausieren?

Hierfür gibt es kein eindeutiges, durch Studien belegtes Wissen, sondern lediglich erfahrungsbasierte Empfehlungen. Prinzipiell gilt: Je schwerer die Erkrankung, desto länger sollte die Regenerationsphase sein. Bei leichten Erkältungen ohne Fieber kann in der Regel 2 Tage nach Abklingen der Symptome wieder mit dem Sport begonnen werden. Wichtig ist hierbei das Trainingspensum zunächst moderat zu gestalten. Fühlt sich das Training gut an, kann die Intensität anschließend sukzessiv gesteigert werden.

Bei schweren Erkältungssymptomen mit Müdigkeit, Schwächezuständen oder Schwellung der Lymphknoten sollte eine Regenerationsphase von mindestens 1 Woche, bei hohem Fieber besser von 2 Wochen nach Abklingen abgewartet werden. Dies mag ungeduldige Menschen lang erscheinen, ist medizinisch jedoch ratsam!

Besonders nach einer Corona-Infektion ist Vorsicht geboten. Da das Virus gehäuft mit Herzmuskelentzündungen in Verbindung steht und noch keine belastbaren Studien bei Sportlern existieren, empfehle ich in der Regel eine strikte 2-wöchige Sportpause. 

prof dr med timo heidtZur Person: 

Prof. Dr. med. Timo Heidt ist Chefarzt für Kardiologie der Max Grundig Klinik.

Er beschäftigt sich intensiv mit Leistungs- und Präventivmedizin rund um den Sport.

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