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Gastbeitrag

Wie wirken Squats auf die Schnelligkeit bei Sportlern?

  • Marco Congia
Physiotherapeut Marco Cognia befasst sich in diesem Gastbeitrag mit der Auswirkung von Squats auf die Schnelligkeit bei Sportlern. Er fasst aktuelle Studienergebnisse zusammen und interpretiert ihre Bedeutung für die physiotherapeutische Behandlung von Sportlern.
Krafttraining ist ein für die Schnelligkeit eines Sportlers wesentlicher Trainingsaspekt. Allerdings wird bis heute noch kontrovers diskutiert, welche Übungen eine hohe Effizienz aufweisen, um die Trainingsziele zu erreichen (Wirth et al. 2016). Dabei ist die Schnelligkeit in der sportlichen Praxis durch eine Vielzahl von Erscheinungsformen und einem hohen Grad von Spezifik gekennzeichnet. Denn sie hängt zum einen von konditionellen (physiologischen und morphologischen) und zum anderen koordinativen (neuronalen) Faktoren ab (Bösing et al. 2014). Es wird angenommen, dass die regelmäßige Integration von Squats einen großen Einfluss auf die Schnelligkeit von Sportlern hat. Im Laufe dieses Artikels soll daher diese Hypothese begründet werden.

Zum Konstrukt der Schnelligkeit

Schnelligkeit vereint quantitative und qualitative Bewegungsvoraussetzungen zu einem Fähigkeitsbereich, der von Sportart zu Sportart sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Somit ist die Schnelligkeit im Sportspiel aufgrund der direkten Auseinandersetzung mit dem Gegenspieler besonders bedeutsam (Bösing et al. 2014).

Wird das Konstrukt der Schnelligkeit aus biomechanischer Sicht betrachtet, so ist anzuführen, dass Schnelligkeit eng mit der Schnellkraft verbunden ist und sich je nach Widerstands- und Kontraktionsbedingungen durch Start-, Explosiv- oder Reaktivkraft erklären lässt.

Schnelligkeit entspricht allerdings aus koordinativ-technischer Sicht einer Koordination unter Zeitdruck, während aus trainingsmethodischer Sicht die Schnelligkeit als eigenständiges und komplexes Fähigkeitskonstrukt aufgefasst werden kann. Konzentriert man sich auf eine stark physiologische Differenzierung, so lässt sich die elementare Schnelligkeit (in erster Linie Abhängig von der Qualität der neuromuskulären Steuer- und Regelprozesse) von der komplexen Schnelligkeit (abhängig von elementarer Schnelligkeit sowie Kraft und Ausdauer) unterscheiden (Güllich & Krüger 2013).

Zur Wirkung von Squats

Squats stellen eine Form der Kniebeuge dar, welche in unterschiedlichen Variationen ausgeführt werden kann. Beispiele sind Volle-, Halbe- oder Viertel-Squats. Darüber hinaus lassen sich Squats auch als Sprungform zur Sprungdiagnostik einsetzen. So wird beim Squat Jump die maximale konzentrische Sprungkraft gemessen, während beim Counter-Movement-Jump die explosive maximale konzentrische Sprungkraft gemessen wird (Bisanz & Gerisch 2013).

Eine Vielzahl an Wissenschaftlern untersuchte bereits die Wirksamkeit von Squats auf die Kraft und somit auch auf die Schnelligkeit (Wirth 2016). Dabei können strukturierte Programme dabei helfen, die körperliche Entwicklung zu fördern sowie Verletzungen vorzubeugen. Sogenannte Konditionierungen stimulieren das neuromuskuläre System und können die Informationsverarbeitung und die physiologische Leistungsfähigkeit verbessern. Veränderungen im Bewegungsbereich können somit theoretisch zu verschiedenen Anpassungen führen. Dabei wurde insbesondere das Thema der tiefen Squats auf die Festigkeit in der Literatur diskutiert (Rhea 2016).

Rhea et al. (2016) verglichen daher die Trainingseffekte bei Squats in unterschiedlichen Ausführungen. Dazu wurden die vertikale Sprungleistung und Sprintlaufleistung bei männlichen Sportlern untersucht, indem innerhalb der 16-wöchigen Trainingsdauer vor und nach dem Training Messungen durchgeführt wurden. Dabei konnte die Untersuchung deutlich herausstellen, dass Kraft gelenkspezifisch ist. Überdies schlussfolgern die Autoren, dass während der Sportkonditionierung Viertel-Squats empfohlen werden können, da diese das Springen und Sprinten deutlich verbessern konnten. Eine Maximierung der Geschwindigkeit und Sprungkraft war die Folge.

Diese Forschungsergebnisse wiedersprechen allerdings älteren Untersuchungen, in welchen ein Training mit Vollen-Squats empfohlen wird. Daher bedarf es an dieser Stelle noch weiterer Untersuchungen, um eine präzise und allgemeine Aussage treffen zu können.

Die Autorengruppe um Wirth (2016) prüfte zudem den Einfluss von spezifischen Trainingsübungen auf die Schnell- und Maximalkraft im Rahmen eines achtwöchigen Trainings. Insgesamt nahmen 78 Probanden an der Studie teil, welche in eine Trainingsgruppe und in eine Kontrollgruppe unterteilt wurden. Innerhalb dieser Gruppen wurden zwei Untergruppen gebildet, wobei eine Gruppe ein Squat-Training, die andere ein Training mit der Beinpresse absolvierte. Die Ergebnisse zeigten, dass die Squat-Gruppe ihre Leistungen im Vergleich zur Gruppe der Beinpresser signifikant verbessern konnten. Beim Squat Jump steigerte sich die Leistung um 12,4 Prozent und beim Counter-Movement-Jump um 12 Prozent, während sich die Werte in der Beinpress-Gruppe lediglich um 3,5 Prozent beim Squat Jump und 0,5 Prozent beim Counter-Movement-Jump verbesserten. Hieraus schließen Wirth et al., dass Squats als Trainingsmethode das effektivere Training sind, um die Schnellkraft zu verbessern.

Diese Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit, die Auswirkungen der neuromuskulären Fähigkeiten auf spezifische Sportsegmente zu übertragen. In einer weiteren aktuellen Studie untersuchten Loturco (2016) die optimale Trainingsbelastung bei Fußballspielern. Auch hier konnte gezeigt werden, dass die Integration von Squats in das Training die Schnelligkeit der Spieler deutlich verbesserte.

Welche Bedeutung haben die Ergebnisse für die physiotherapeutische Praxis?

Für die Physiotherapie spielen Squats bereits schon seit geraumer Zeit eine wichtige Rolle. Allerdings hat diese Methode eine immer größere Bedeutung für die Sportwissenschaft. Es kann an dieser Stelle angenommen werden, dass die Integration von Squats in den Trainingsalltag eine wesentliche Bereicherung für den Sportler darstellt, insbesondere bei Spielsportarten. Um jedoch als Physiotherapeut optimal Athleten begleiten zu können, bedarf es noch weiterer Forschungsergebnisse. Hierzu müsste unter anderem geklärt werden, ob Viertel- Squats oder volle Squats einen optimalen Trainingseffekt erzielen. Anders als bisher, müssten die Untersuchungen mit identischen Kniewinkeln durchgeführt werden. Ein direkter Vergleich der Ergebnisse ist ansonsten nicht möglich. Als weiterer Kritikpunkt kann zudem angeführt werden, dass in bisherigen Studien nicht die Zuwächse an Muskelmasse berücksichtigt wurden. Auf weitere Forschungsergebnisse ist daher zu hoffen.

Literatur:
Bisanz, G., Gerisch, G. (2013): Fussball. 2. Auflage. Aachen: Meyer & Meyer Verlag.
Bösing, L., Bauer, C., Remmert, H., Lau, A. (2014): Handbuch Basketball. 2. Auflage. Aachen:
Meyer & Meyer Verlag.
Güllich, A., Krüger, M. (2013): Sport. Das Lehrbuch für das Sportstudium. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag.
Loturco, I., Nakamura, F.Y., Kobal, R. et al. (2016): Traditional Periodization versus Optimum Training Load Applied to Soccer Players: Effects on Neuromuscular Abilities. Int J Sports Med, [Epub ahead of print].
Rhea, M., Kenn, J.G., Peterson, M.D. et. al. (2016): Joint-Angle Specific Strength Adaptations Influence Improvements in Power in Highly Trained Athletes. Human Movement, 17 (1), S. 43-49.
Wirth, K., Hartmann, H., Sander, A. et al. (2016): The Impact of Back Squat and Leg-Press Exercises on Maximal Strength and Speed-Strength Parameters. J Strength Cond Res., 30 (5), S. 1205-1212.

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