10 km-Trainingsplan im Praxistest - Teil 2: Der Laktattest
- Marco Heibel
Eigentlich bin ich ja kein großer Freund von Nadeln. Darum habe ich bisher auch keine Laktatanalyse machen lassen. Bisher habe ich mich bei der Ermittlung meines Trainingspulses immer an den gängigen Faustformeln orientiert, obwohl ich weiß, dass diese bestenfalls grobe Orientierungen geben. Aber um einmal wirklich meine optimale Trainingsherzfrequenz zu erfahren, habe ich beschlossen, mich einer Laktatanalyse zu unterziehen.
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Die Stunde der Wahrheit I: Körperfettanalyse & Co.
Dazu bin ich in ein Bonner Fitnessstudio zu Dr. Markus Klingenberg gefahren, dem netzathleten-Universalexperten für sportmedizinische Fragen. Bevor es mit dem Laktattest losgehen konnte, wurde ich noch „vermessen“: Dr. Klingenberg machte mit mir zunächst eine Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA). Mittels Wechselstrom wurden unter anderem mein Körperfettanteil und der Anteil meiner Muskelmasse am Gesamtgewicht ermittelt.
Dann konnte es endlich losgehen – dachte ich zumindest. Mittlerweile war ich nämlich heiß wie das viel zitierte belgische Frittenfett. Doch dann hat Dr. Klingenberg mir noch ein Formular in die Hand gedrückt, das ich bitte ausfüllen möge. Neben den üblichen Angaben (Name, Alter, Gewicht etc.), ging es in der Anamnese um meine Krankenvorgeschichte und um Medikamente, die ich aktuell nehme. Außerdem sollte ich meinen Ruhepuls und meinen „normalen“ Blutdruck einschätzen.
Dann ging es… immer noch nicht los. Dr. Klingenberg erklärte mir anhand einiger Skizzen, was in den nächsten Minuten auf mich zukommen wird, was der aerobe und der anaerobe Bereich ist, und in welchem Maße mein Herzschlag und meine Laktatwerte steigen werden.
Erst danach wurde mir der Sinn der Sache bewusst: Nach dem Vorgespräch maß Dr. Klingenberg nämlich wirklich meinen Puls und meinen Blutdruck. Beide waren mittlerweile weitgehend auf Ruheniveau und somit entsprechend aussagekräftig. Außerdem wurde mir das linke Ohr angepiekst, um meinen Laktatwert im Ruhezustand zu messen.
Anschließend wurde dann doch noch auf das Laufband gebeten. Hier folgte eine letzte Anweisung: Meiner Analyse lagen drei Kriterien zu Grunde: Neben den objektiven Werten (Puls und Laktat) sollte ich zusätzlich auf jeder Schwierigkeitsstufe anhand einer Skala von 1 bis 10 angeben, wie schwer mir die Belastung fällt.
Die Stunde der Wahrheit II: Laktatanalyse
Und dann ging es wirklich los. Das Laufband wurde auf eine Steigung von 1,5 Grad eingestellt, was einen leichten Gegenwind simulieren soll. Auf Stufe 1 lief ich 5 Minuten lang bei 5 km/h, also Spaziergangtempo im Laufschritt. Dementsprechend entspannt fiel mein subjektives Empfinden aus: 2 von 10. Umso erstaunter war ich von den ersten Messergebnissen: Puls 152, Laktat 2,5 mmol/l. Da schwante mir schon, dass meine Form vielleicht nicht so gut ist, wie ich gehofft hatte.
Auf Stufe 2 wurde das Tempo auf 7 km/h erhöht, dieses Mal für 3 Minuten. Bei der zweiten Messung war mein Puls bei 162, mein Laktatwert bei 3,1 mmol/l. Bis zur „magischen Schwelle“ von 4 mmol/l, die gemeinhin als aerob-anaerobe Schwelle bezeichnet wird, war es also nicht mehr weit.
Stufe 3 und 4 kamen mir dann vor wie im Film. Je 3 Minuten bei 9 bzw. 11 km/h. Meine Beine wurden zunehmend schwerer, und dementsprechend stiegen Puls (auf 170 bzw. 180) und Laktat (4,0 bzw. 5,0 mmol). Bei aller Enttäuschung über meine aktuelle Form, konnte ich der Sache zumindest etwas Positives abgewinnen: Wenn die Beine schmerzen, merkt man das Pieksen im Ohr nicht mehr… Die Fakten: Bereits nach 14 Minuten netto war meine Laktatanalyse beendet, ich schwitzte nicht unerheblich, und mein Ego hat einen kleinen Dämpfer erhalten.
Das Ergebnis: Ich bin ein "ganzer Kerl"
Bereits einen Tag später erhielt ich die Ergebnisse via e-Mail als PDF-Datei. Was die BIA angeht, waren alle Werte, gemessen an meinem Alter und Geschlecht, im grünen Bereich. Ich hatte einen Körperfettanteil von 16 Prozent. Allerdings ist da noch Luft nach oben, insbesondere, was die Differenz zwischen meinem Real- und meinem Idealgewicht (9 kg) angeht. Ich werde das einfach als weiteren Ansporn für die nächsten Wochen nehmen.
Meine Werte von der Laktatanalyse haben mich dann schon eher nachdenklich gestimmt. Wie sich herausstellte, bin ich ein „ganzer Kerl“, und zwar im negativen Sinne. Denn Männer neigen gemeinhin dazu, schneller zu laufen als es sinnvoll ist. Schon zu besseren Zeiten bin ich meine Grundlageneinheiten aus Ungeduld viel zu schnell angegangen. Die Folge: Mein Fettstoffwechsel ist bei weitem nicht optimal trainiert.
Auch die Herzfrequenzempfehlungen, die die Laktatmessung hervorgebracht hat, liegen unter meinem bisherigen Trainingsbereich. Mein Fall zeigt also, dass man sich nur bedingt auf die Faustformeln zur Ermittlung des Trainingspulses verlassen kann. Ich nehme die Empfehlungen auf jeden Fall an und bin schon jetzt gespannt, wie meine Ergebnisse beim Re-Test in ein paar Wochen ausfallen werden. Doch bevor es so weit ist, kann es jetzt wirklich losgehen mit dem Zehn-Wochen-Plan.
Experte: Dr. med. Markus Klingenberg; www.laktatmessung.de