Handball-Lexikon für Fortgeschrittene – Teil 1
- Stefan Petri
Dabei soll es aber nicht um simple Handball-Regeln wie „Der Ball ist rund“ oder „Ein Spiel hat 60 Minuten“ gehen. Auch die Entfernung zum Tor beim Siebenmeter oder die Länge einer Zwei-Minuten-Strafe ist hier ausnahmsweise nicht das Thema. Wer sich die Spiele der Europameisterschaft oder der Handball-Bundesliga anschaut, wird mit den Prinzipien des Spiels ohnehin schnell vertraut sein: Wirf den Ball ins Tor, tritt dabei nicht in den Kreis, Griechisch-Römisch ist in der Abwehr ein probates Mittel, und so weiter.
Was sich nicht automatisch aus der Übertragung erschließt, sind womöglich Handball-Vokabeln, die man vom Kommentator immer wieder hört, die aber nur im Handball vorkommen und nicht unbedingt selbsterklärend sind. Während man sich unter einem „Tempogegenstoß“ wohl noch etwas vorstellen kann, bedarf es bei der „Schnellen Mitte“ oder einer „Falschen Sperre“ ein paar zusätzliche Informationen, die man in der Hitze des Gefechts vom Moderator selten hört – bei uns allerdings schon.
Schnelle Mitte
Aus dem Fußball kennt man es, dass nach einem Tor – und einer ausführlichen Jubelchoreographie – beide Mannschaften in ihre Spielhälfte zurückkehren und die Partie wieder geordnet angepfiffen wird. Beim Handball hat man diese Regel vor zehn Jahren modifiziert: Nach einem Tor kann das Spiel vom Mittelkreis direkt angepfiffen werden, ohne dass sämtliche Gegenspieler wieder in ihre Hälfte zurückgelaufen sind. Dazu wirft der Torwart den Ball schnell zu einem Feldspieler im Mittelkreis, das Spiel wird dann mit dem Anpfiff des Schiedsrichters fortgesetzt.
Ziel dieser Regel war es, den Handball schneller und attraktiver zu machen. Durch eine schnelle Mitte eröffnet sich die Möglichkeit, nur Sekunden nach einem Gegentor einen Angriff zu starten und dabei auf eine nicht formierte Abwehr zu treffen, die noch nicht komplett zurückgelaufen ist, oder auch gerade Spielerwechsel vorgenommen hat. Eigene Spieler dürfen bei einer schnellen Mitte allerdings nicht in der gegnerischen Hälfte sein. Die vorsätzliche Behinderung einer schnellen Mitte zieht übrigens eine Zeitstrafe nach sich.
Falsche Sperre
Speziell am Kreis versuchen die Offensivspieler ohne Ball, durch Sperren der Gegenspieler Räume für die Mitspieler zu schaffen. Dabei kann man zwischen Frontal-, Rücken- und Seitensperren unterscheiden, aber das Prinzip ist immer das Gleiche: Man bringt seinen Körper zwischen Gegenspieler und Ball und sperrt dessen Laufweg – etwa so, dass dem Rückraumschützen möglichst viel Platz für einen Brachialwurf aus der zweiten Reihe bleibt.
Verboten ist das laut Regelwerk dann, wenn man dabei mit Händen, Armen oder Beinen arbeitet – also klammert, schlägt, stößt, festhält, ein Bein stellt, und so weiter. Wenn am Kreis aber ständig Spieler aufeinander prallen, dann ist der Übergang zu einer falschen Sperre fließend. Es liegt also auch im Ermessen des Schiedsrichtergespannes, wann dabei die Grenzen des guten Geschmacks überschritten werden.
Einlaufen
Die übliche Angriffsformation beim Handball sieht einen Kreisläufer, zwei „Außen“ und drei Rückraumspieler vor. Beim Einlaufen löst sich einer dieser Außenspieler von seiner Position und wird zum zweiten Kreisläufer. Damit ergeben sich neue taktische Möglichkeiten, außerdem wird die Zuordnung in der Abwehr erschwert, die sich auf die neue Situation einstellen muss. Meist beschränkt sich das Einlaufen aber auf einen konkreten Angriff, der nächste Angriff beginnt wieder in normaler Formation.
Fest machen
Das Irritierende am Handball ist manchmal, dass ein Foul der Verteidigung für die Angreifer keinen Vorteil, sondern nur einen Freiwurf von der Freiwurflinie bringt, mit dem das Spiel fortgesetzt wird. Bei Fouls, die nur einen Freiwurf zur Folge haben, handelt es sich in aller Regel um ein „Festmachen“ des ballführenden Angreifers. Dabei verhindert der Verteidiger einen Pass oder eine Wurfaktion des Angreifers dadurch, dass er mit seinen Händen zum Ball geht (!), und den Angreifer so abdrängt oder umklammert und die Aktion beendet. Geht man nicht zum Ball, oder sogar zum Kopf des Gegners, wird das mit einer gelben Karte oder einer Zeitstrafe geahndet.
Festmachen ist also eine gelungene Abwehraktion im Handball, da ein Freiwurf in aller Regel nichts einbringt. Gleichzeitig ist es aber gerade in Unterzahl oft so, dass ein Angreifer in einen Zweikampf mit dem Ziel geht, sich festmachen zu lassen. So wird das Spiel mit einem Freiwurf fortgesetzt, der Angreifer hat jedoch wertvolle Sekunden der Unterzahl ausgespielt.