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Die Kolumne von Karl Geiger

Elf Kobayashis

  • Karl Geiger
Gegen Japan verlieren zu können, ist für uns Skispringer vor einem Wettkampf in den letzten Jahren durchaus von einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeitsrechnung immer abgedeckt gewesen. Auch wissen wir um die japanische Willenskraft und Nervenstärke, die uns in der letzten Saison eindrucksvoll von unserem Skisprungkollegen Ryoyu Kobayashi im Gesamtweltcup, bei den Olympischen Winterspielen in Peking und vor allem bei der Vierschanzentournee demonstriert wurde. Wir wundern uns auch nicht zu sehr, wenn ein japanischer Stürmer aus dem denkbar spitzesten Winkel unseren Welttorhüter Manuel Neuer überlistet, denn wir haben vor Augen, wie unser japanischer Vorzeigespringer auch bei den widrigsten Bedingungen auf der Schanze cool bleibt und den Flug manchmal bis ins Unmögliche zieht.
Es lag daher nicht unbedingt an dem langen Flug von München nach Helsinki und der dann erfolgten sechsstündigen Pause am dortigen-Flughafen sowie der langsam aufkommenden Müdigkeit, sondern an einem gewissen Grundverständnis von uns deutschen Skispringern für japanische Leistungsfähigkeit, so dass wir eben nicht wildtobend vor dem Gate des Weiterfluges nach Kuusamo unseren Frust rausließen, sondern verständnisvoll nickten. Jetzt haben auch unsere Fußballer einmal die Erfahrung machen müssen, dass man gegen Japaner auch mal verlieren kann, niedergerungen von gleich elf Kobayashis.

Spaß beiseite- das Ergebnis dieses Länderspiels Deutschland gegen Japan ging auch für unser Verständnis völlig in Ordnung – dort oben auf dem finnischen Flughafen zwischen München und Kuusamo. Die Japaner haben einen beherzten Kampf gekämpft und waren aus Skispringersicht ein paar Meter weitergekommen.

Was uns indessen alle aus dem Häuschen brachte, war am Abend ein ganz anderer Umstand. Unser Flieger war in Deutschland nicht richtig beladen worden und zurück blieben fünf Skisäcke, zwei Skitaschen und zwei weitere Taschen- der erste Trainingstag in Kuusamo war zu Ende, obwohl er den nächsten Tag erst beginnen sollte.

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Während wir also in luftigen Flughafenweiten die japanische Effektivität verfolgten, mühten sich im Hintergrund unsere Betreuer, zu bewirken, dass unsere Ausrüstung schnellstmöglich nach Finnland transportiert werden sollte. Nach dem Spiel und vor dem Weiterflug nach Kuusamo stand noch nicht fest, ob die Qualifikation für das zweite Wettkampfwochenende von uns überhaupt bestritten werden könnte.

Boarding in die Ungewissheit, eineinhalb Stunden Weiterflug an den Ort, der im Weltcup ein wenig als Windlotterie verschrien ist: Kuusamo, der erste Ort im Winter, wo sich alle nordischen Wintersportarten traditionsgemäß treffen. Doch neben allem Gespür für Wind und Wogen und der eigenen Sprungperformance, war uns an diesem Abend wieder einmal mehr klar geworden.

Die Japaner muss man immer auf dem Zettel haben.

Herzliche Grüße
Karl Geiger

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