Sportverletzung Kniescheibe – die Patellaluxation
- Christian Riedel
Die mehr oder weniger dreieckige Kniescheibe ist dazu da, das Kniegelenk zu schützen und die Kraftentwicklung des Quadrizeps durch eine Verlängerung des Hebels zu verstärken. Sie liegt bei gestrecktem Bein auf Höhe des unteren Oberschenkelkopfs und wird von Muskeln und Bändern in dieser Position gehalten. In einigen Fällen kann es aber dazu kommen, dass die Kniescheibe aus dieser Führung springt, was auch als Patellaluxation, also Ausrenkung der Kniescheibe, bezeichnet wird. Teilweise springt sie wieder zurück (Reposition), seltener bleibt sie in der ausgerenkten Position an der Außenseite (lateral) des Kniegelenks.
Beide Fälle sind schmerzhaft und bei beiden Fällen besteht die Gefahr, dass es sich wiederholt. Zudem besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es auch in der Folge zu Knieschmerzen, Schmerzen unterhalb der Kniescheibe und Folgeschäden an Bändern, Knochen und Knorpeln kommt. Auch eine psychische Belastung ist eine häufige Folge, weil man sich nicht mehr auf sein Knie verlassen kann und immer Angst haben muss, dass es noch einmal passiert.
Ursachen für die Patellaluxation
Es gibt verschiedene Gründe für eine ausgerenkte Kniescheibe. Eine oft gehörte Begründung sind Fehlstellungen der Beine (X-Beine), eine fehlgebildete Kniescheibe, schwache Beinmuskeln, überdehnte Bänder im Knie oder eine aufgrund von Unfällen geschädigte Laufrinne der Kniescheibe. In diesen Fällen kann die Kniescheibe nicht mehr richtig in ihrer geplanten Laufrinne entlang gleiten und springt bei unglücklichen Bewegungen aus ihrer eigentlichen Position heraus. Vor allem Drehbewegungen können hier die Kniescheibe ausrenken.
Fehlstellungen müssen aber nicht unbedingt der Grund sein. Teilweise kann keiner dieser Gründe zutreffen, wenn die Kniescheibe heraus springt. In dem Fall könnte es an einer verminderten Gleitfähigkeit des so genannten Tractus iliotibialis liegen. Diese breite Sehne setzt am Hüftknochen an und geht in die Kniegelenkskapsel von außen am Knie über. Das behauptet zumindest Prof. Dr. Andry Vleeming von der Erasmus University und dem Spine and Joint Centre in Rotterdam, womit er bisherigen medizinischen Meinungen widerspricht. In diesem Fall könnte der der Tractus bei hoher Spannung das gesamte Bindegewebspaket nach außen ziehen und dadurch die Patellaluxation verursachen.
Diagnose und Behandlung
Den Betroffenen kann es zunächst egal sein, warum die Kniescheibe ausgerenkt ist. Denn dies ist enorm schmerzhaft und kann meistens mit bloßem Auge erkannt werden. Vor allem wenn die Kniescheibe in der ausgerenkten Position bleibt. Egal ob ausgerenkt oder wieder reingesprungen gilt auch hier zunächst die PECH-Regel für Sportverletzungen (Pause, Eis, Compression/Druck und Hochlagern). Bleibt die Kniescheibe ausgerenkt, sollte man sie niemals mit Gewalt wieder in die ursprüngliche Position zurück drücken. Hier riskiert man, dass der Halteapparat (Sehnen und Bänder) weiter beschädigt wird.
Ist ein erfahrener Trainer oder Arzt dabei, kann man unter Anleitung versuchen, das Knie langsam zu strecken und dabei mit festem Griff die Kniescheibe wieder an ihren eigentlichen Ort zu führen. Bei großen Schmerzen sollte man aber auch dann besser aufhören und das Einrenken einem Experten überlassen. Klappt das, sollten auch die Schmerzen zurückgehen. Wichtig ist, dass die Kniescheibe nicht zurück „schnappt“, da es hier zu Knorpel- und Gelenkschäden kommen kann. Stößt man beim Zurückführen auf einen größeren Widerstand, sollte man auch hier besser einen Fachmann dran lassen. In jedem Fall muss das Knie im Anschluss geröntgt und am besten auch in einer CT untersucht werden, um sicherzugehen, dass die Kniescheibe am richtigen Platz ist.
Wie die Behandlung aussieht, hängt von den Ursachen ab. Teilweise kann eine gezielte Physiotherapie die Beinmuskeln so weit stärken, dass die Kniescheibe wieder fest in ihrer Rinne sitzt. Besteht eine strukturelle Ursache, kann oft nur eine Operation helfen, die diese Ursachen beseitigt und bei der die Kniescheibe stabilisiert wird. In der Regel dauert es rund sechs Wochen, bis das Knie nach der Operation wieder voll belastbar ist, sofern keine weiteren strukturellen Schäden vorliegen.