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Knieprobleme durch Sport – Experteninterview zu Diagnose und Behandlung
- Redaktion
Volkskrankheit Knieschmerzen: Dr. Hans Kuhlbrodt spricht im Experteninterview über sportlich bedingte Knieprobleme, deren Diagnose und Behandlung.
In Deutschland werden jährlich mehrere Hunderttausend Meniskusoperationen durchgeführt. Dazu Kniespezialist Hans Kuhlbrodt, der in Usingen eine chirurgische Praxis betreibt: „Die Verletzungen von Bändern und Menisken entstehen überwiegend durch indirekte Krafteinwirkung, vor allem beim Verdrehen eines belasteten Kniegelenkes. Menisken werden überwiegend durch Rotationstraumata verletzt. Hier muss man allerdings zwischen „echten“ Verletzungen von intakten Menisken und der überwiegenden Mehrheit der Meniskusverletzungen differenzieren, die auf Grund der altersabhängigen Veränderungen der Menisken, bereits durch einen „Gelegenheitsunfall“ entstehen.“
Sie sind ein chirurgischer Kniespezialist. Wie entwickelt man sich zum medizinischen Knie-Spezialisten?
Hans Kuhlbrodt: Dazu braucht es Talent, Fleiß und Glück. Vor allem aber muss man eingehende Kenntnisse über die Funktionsweise des Kniegelenkes erwerben und ein tiefgreifendes Gespür für die Beschwerden der Patienten entwickeln. Ich hatte das Glück, dass mir einer der damaligen Kniespezialisten 1994 anbot, für ihn zu arbeiten. Das war genau die Zeit, als die Kniegelenksarthroskopie anfing, sich gegenüber der alten, der „offenen“ Kniegelenkchirurgie, durchzusetzen. Das heißt, dass die Kniegelenke nicht mehr großflächig aufgeschnitten werden mussten, da zunehmend neue Techniken entwickelt wurden, Kniegelenkerkrankungen und -Verletzungen "durch’s Schlüsselloch“ behandeln zu können. In den folgenden neun Jahren hatte ich Gelegenheit in einem Zentrum für Kniegelenkchirurgie, in dem jedes Jahr rund 1.000 Knie operiert wurden, eingehende Erfahrungen zu sammeln.
Wie entstehen Knieprobleme durch Sport? Welche Sportler sind davon am meisten betroffen?
Kniegelenksverletzungen kann man in Verletzungen der knöchernen Gelenkkomponenten und in die Verletzungen der Weichgewebe, also Bänder und Menisken einteilen. Knochenbrüche entstehen in erster Linie durch direkte Traumata, zum Beispiel im Rahmen von Stürzen.
Die Verletzungen von Bändern und Menisken entstehen überwiegend durch indirekte Krafteinwirkung, vor allem beim Verdrehen eines belasteten Kniegelenkes. So zum Beispiel bei Fußballern oder Skifahrern, bei denen der Fuß durch die Stollen im Rasen, bzw. durch den Ski im Schnee fixiert sind und sich der Körper im Rahmen eines Sturzes gegen den feststehenden Unterschenkel verdreht. So sind Fußballspielen und Skifahren die „Hauptlieferanten" der jährlich gut 30.000 vorderen Kreuzbandrisse allein in Deutschland.
Auch Menisken werden überwiegend durch Rotationstraumata verletzt. Hier muss man allerdings zwischen „echten“ Verletzungen von intakten Menisken und der überwiegenden Mehrheit der Meniskusverletzungen differenzieren, die auf Grund der altersabhängigen Veränderungen der Menisken, bereits durch einen „Gelegenheitsunfall“ entstehen. Klassiker sind hier das Aufstehen aus der Hocke oder das Aussteigen aus dem Auto. Je stärker die Menisken degenerativ verändert sind, umso geringer ist das erforderliche Trauma, um das Gewebe zum Reißen zu bringen. In Deutschland werden jährlich mehrere Hunderttausend Meniskusoperationen durchgeführt.
Wie äußern sich Knieprobleme?
Die meisten Kniegelenksprobleme äußern sich durch Schmerzen, die die Mobilität des Patienten ganz erheblich einschränken können. Frische Verletzungen führen oftmals zu einem Kniegelenkerguss, ältere und weniger akute Erkrankungen und Verletzungen zu Schwellungszuständen. Bei den entsprechenden Verletzungen zeigen sich Instabilitäten und eine fehlende Belastbarkeit des Kniegelenkes.
Die Kniegelenksarthrosen äußern sich meistens durch eine schleichende, aber zunehmende Bewegung- und Funktionseinschränkung, bei der sich die Schmerzen erst vergleichsweise spät einstellen.
Hans Kuhlbrodt: Wie werden Knieprobleme diagnostiziert?
Das Kniegelenk ist nicht nur das größte Gelenk des Menschen, es ist auch das komplexeste.
Oberschenkel-, Unterschenkelknochen und Kniescheibe bilden die knöchernen Komponenten, die von dem Kapselbandapparat zusammengehalten werden. Knorpel und Menisken bilden die Kontaktflächen, die Muskulatur sorgt für die Bewegung der vielen verschiedenen Gelenkkomponenten. Schleimhäute, Schleimbeutel, Nerven und Gefäße komplettieren diese komplexe Entität.
Verletzungen oder Schäden einer oder mehrerer dieser funktionellen Strukturen können zu erheblichen Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Kniegelenkes und damit zu einer deutlichen Einschränkung der Mobilität und der Lebensqualität des Menschen führen.
Ein eingehendes Verständnis der Funktion und des Zusammenspiels der einzelnen Kniegelenks-Komponenten ist die unerlässliche Voraussetzung für eine kompetente Diagnostik und Behandlung von Kniegelenkserkrankungen und -Verletzungen.
Deshalb ist es entscheidend wichtig, sich in die Behandlung eines erfahrenen Kniespezialisten zu begeben. Dieser wird durch die Anamneseerhebung (Arzt-Patienten-Gespräch, in dem sich der Arzt über die Umstände des Auftretens der Beschwerden und über ihren Verlauf informiert) oft schon eine Verdachtsdiagnose stellen können. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung, bei der die Funktion, die Stabilität und die schmerzenden Strukturen des Kniegelenkes untersucht werden. Röntgenaufnahmen zur Beurteilung der knöchernen Strukturen und ein MRT zur Beurteilung der Weichteile komplettieren die professionelle Diagnostik des Kniegelenkes. Sonographie - Ultraschalluntersuchungen - haben einen untergeordneten Wert und die Arthrographie gehört - zumindest in den Industrieländern der Vergangenheit an.
Wie kann man Knieprobleme am besten behandeln?
Die moderne Kniegelenkchirurgie kennt ein breites Spektrum konservativer (also: nicht operativer) und operativer Behandlungsmöglichkeiten. Bei den nicht-operativen Therapien stehen Krankengymnastik und Verhaltensempfehlungen für Alltag und sportliche Aktivitäten im Vordergrund, mit denen man die Belastungsfähigkeit des Gelenkes sehr gut steigern und Beschwerden sehr gut reduzieren kann. Auch die Behandlung mit Hyaluronsäurederiavten (eine künstliche Gelenkschmiere, die den Reibungskoeffizienten der Gleitkomponenten senkt), Eigenblutderivaten und Botox können durchaus hilfreich sein.
Die operativen Maßnahmen können heute weitestgehend arthoroskopisch durchgeführt werden. Jedes Jahr werden allein in Deutschland mehrere Hunderttausend Arthroskopien bei Meniskus-, Knorpel- und Kreuzbandproblemen und -Verletzungen durchgeführt. Hier ist es besonders wichtig, sich in die Hände eines versierten Operateurs zu begeben.
Die Ärztekammer von Nordrhein-Westfalen hat festgestellt, dass fast ein Drittel der dort beanstandeten Arthroskopien fehlerhaft, also nicht nach den Regeln der Ärztlichen Kunst, durchgeführt werden. Ein erfahrener und entsprechend spezialisierter Operateur kann in aller Regel sicher feststellen, ob eine Operation notwendig ist und sie auch sicher durchführen.
Der endoprothetische Kniegelenksersatz (Teil- oder Totalprothesen des Kniegelenkes) wird nach wie vor „offen“ durchgeführt. Hierbei werden die zerstörten Gelenkflächen entfernt und durch künstliche Gelenkkomponenten ersetzt. Moderne Kniegelenksprothesen halten heute 15 Jahre und länger.
Wie kann man Knieproblemen vorbeugen?
Knieprobleme sind in erster Linie abhängig von der individuellen Konstitution und der individuellen Belastung der Kniegelenke. Insofern kann man weder vorhersagen, ob und wann, welche Knieprobleme auftreten werden, noch kann man ihnen gezielt vorbeugen, ebenso wenig wie man verlässlich Unfällen vorbeugen kann.
Es ist aber ratsam, beim Auftreten von Kniegelenkbeschwerden einen Spezialisten aufzusuchen, da dieser, in Abhängigkeit vom jeweiligen Zustand der Kniegelenke, kompetente und zielgerichtete Empfehlungen bezüglich des Verhaltens im Alltag und bezüglich sportlicher Aktivitäten aussprechen kann, um erstens die Beschwerden hinter sich zu lassen und um zweitens zukünftige Beschwerden zu vermeiden.
(Das Interview führte Jane Uhlig.)
Sie sind ein chirurgischer Kniespezialist. Wie entwickelt man sich zum medizinischen Knie-Spezialisten?
Hans Kuhlbrodt: Dazu braucht es Talent, Fleiß und Glück. Vor allem aber muss man eingehende Kenntnisse über die Funktionsweise des Kniegelenkes erwerben und ein tiefgreifendes Gespür für die Beschwerden der Patienten entwickeln. Ich hatte das Glück, dass mir einer der damaligen Kniespezialisten 1994 anbot, für ihn zu arbeiten. Das war genau die Zeit, als die Kniegelenksarthroskopie anfing, sich gegenüber der alten, der „offenen“ Kniegelenkchirurgie, durchzusetzen. Das heißt, dass die Kniegelenke nicht mehr großflächig aufgeschnitten werden mussten, da zunehmend neue Techniken entwickelt wurden, Kniegelenkerkrankungen und -Verletzungen "durch’s Schlüsselloch“ behandeln zu können. In den folgenden neun Jahren hatte ich Gelegenheit in einem Zentrum für Kniegelenkchirurgie, in dem jedes Jahr rund 1.000 Knie operiert wurden, eingehende Erfahrungen zu sammeln.
Wie entstehen Knieprobleme durch Sport? Welche Sportler sind davon am meisten betroffen?
Kniegelenksverletzungen kann man in Verletzungen der knöchernen Gelenkkomponenten und in die Verletzungen der Weichgewebe, also Bänder und Menisken einteilen. Knochenbrüche entstehen in erster Linie durch direkte Traumata, zum Beispiel im Rahmen von Stürzen.
Die Verletzungen von Bändern und Menisken entstehen überwiegend durch indirekte Krafteinwirkung, vor allem beim Verdrehen eines belasteten Kniegelenkes. So zum Beispiel bei Fußballern oder Skifahrern, bei denen der Fuß durch die Stollen im Rasen, bzw. durch den Ski im Schnee fixiert sind und sich der Körper im Rahmen eines Sturzes gegen den feststehenden Unterschenkel verdreht. So sind Fußballspielen und Skifahren die „Hauptlieferanten" der jährlich gut 30.000 vorderen Kreuzbandrisse allein in Deutschland.
Auch Menisken werden überwiegend durch Rotationstraumata verletzt. Hier muss man allerdings zwischen „echten“ Verletzungen von intakten Menisken und der überwiegenden Mehrheit der Meniskusverletzungen differenzieren, die auf Grund der altersabhängigen Veränderungen der Menisken, bereits durch einen „Gelegenheitsunfall“ entstehen. Klassiker sind hier das Aufstehen aus der Hocke oder das Aussteigen aus dem Auto. Je stärker die Menisken degenerativ verändert sind, umso geringer ist das erforderliche Trauma, um das Gewebe zum Reißen zu bringen. In Deutschland werden jährlich mehrere Hunderttausend Meniskusoperationen durchgeführt.
Wie äußern sich Knieprobleme?
Die meisten Kniegelenksprobleme äußern sich durch Schmerzen, die die Mobilität des Patienten ganz erheblich einschränken können. Frische Verletzungen führen oftmals zu einem Kniegelenkerguss, ältere und weniger akute Erkrankungen und Verletzungen zu Schwellungszuständen. Bei den entsprechenden Verletzungen zeigen sich Instabilitäten und eine fehlende Belastbarkeit des Kniegelenkes.
Die Kniegelenksarthrosen äußern sich meistens durch eine schleichende, aber zunehmende Bewegung- und Funktionseinschränkung, bei der sich die Schmerzen erst vergleichsweise spät einstellen.
Hans Kuhlbrodt: Wie werden Knieprobleme diagnostiziert?
Das Kniegelenk ist nicht nur das größte Gelenk des Menschen, es ist auch das komplexeste.
Oberschenkel-, Unterschenkelknochen und Kniescheibe bilden die knöchernen Komponenten, die von dem Kapselbandapparat zusammengehalten werden. Knorpel und Menisken bilden die Kontaktflächen, die Muskulatur sorgt für die Bewegung der vielen verschiedenen Gelenkkomponenten. Schleimhäute, Schleimbeutel, Nerven und Gefäße komplettieren diese komplexe Entität.
Verletzungen oder Schäden einer oder mehrerer dieser funktionellen Strukturen können zu erheblichen Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Kniegelenkes und damit zu einer deutlichen Einschränkung der Mobilität und der Lebensqualität des Menschen führen.
Ein eingehendes Verständnis der Funktion und des Zusammenspiels der einzelnen Kniegelenks-Komponenten ist die unerlässliche Voraussetzung für eine kompetente Diagnostik und Behandlung von Kniegelenkserkrankungen und -Verletzungen.
Deshalb ist es entscheidend wichtig, sich in die Behandlung eines erfahrenen Kniespezialisten zu begeben. Dieser wird durch die Anamneseerhebung (Arzt-Patienten-Gespräch, in dem sich der Arzt über die Umstände des Auftretens der Beschwerden und über ihren Verlauf informiert) oft schon eine Verdachtsdiagnose stellen können. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung, bei der die Funktion, die Stabilität und die schmerzenden Strukturen des Kniegelenkes untersucht werden. Röntgenaufnahmen zur Beurteilung der knöchernen Strukturen und ein MRT zur Beurteilung der Weichteile komplettieren die professionelle Diagnostik des Kniegelenkes. Sonographie - Ultraschalluntersuchungen - haben einen untergeordneten Wert und die Arthrographie gehört - zumindest in den Industrieländern der Vergangenheit an.
Wie kann man Knieprobleme am besten behandeln?
Die moderne Kniegelenkchirurgie kennt ein breites Spektrum konservativer (also: nicht operativer) und operativer Behandlungsmöglichkeiten. Bei den nicht-operativen Therapien stehen Krankengymnastik und Verhaltensempfehlungen für Alltag und sportliche Aktivitäten im Vordergrund, mit denen man die Belastungsfähigkeit des Gelenkes sehr gut steigern und Beschwerden sehr gut reduzieren kann. Auch die Behandlung mit Hyaluronsäurederiavten (eine künstliche Gelenkschmiere, die den Reibungskoeffizienten der Gleitkomponenten senkt), Eigenblutderivaten und Botox können durchaus hilfreich sein.
Die operativen Maßnahmen können heute weitestgehend arthoroskopisch durchgeführt werden. Jedes Jahr werden allein in Deutschland mehrere Hunderttausend Arthroskopien bei Meniskus-, Knorpel- und Kreuzbandproblemen und -Verletzungen durchgeführt. Hier ist es besonders wichtig, sich in die Hände eines versierten Operateurs zu begeben.
Die Ärztekammer von Nordrhein-Westfalen hat festgestellt, dass fast ein Drittel der dort beanstandeten Arthroskopien fehlerhaft, also nicht nach den Regeln der Ärztlichen Kunst, durchgeführt werden. Ein erfahrener und entsprechend spezialisierter Operateur kann in aller Regel sicher feststellen, ob eine Operation notwendig ist und sie auch sicher durchführen.
Der endoprothetische Kniegelenksersatz (Teil- oder Totalprothesen des Kniegelenkes) wird nach wie vor „offen“ durchgeführt. Hierbei werden die zerstörten Gelenkflächen entfernt und durch künstliche Gelenkkomponenten ersetzt. Moderne Kniegelenksprothesen halten heute 15 Jahre und länger.
Wie kann man Knieproblemen vorbeugen?
Knieprobleme sind in erster Linie abhängig von der individuellen Konstitution und der individuellen Belastung der Kniegelenke. Insofern kann man weder vorhersagen, ob und wann, welche Knieprobleme auftreten werden, noch kann man ihnen gezielt vorbeugen, ebenso wenig wie man verlässlich Unfällen vorbeugen kann.
Es ist aber ratsam, beim Auftreten von Kniegelenkbeschwerden einen Spezialisten aufzusuchen, da dieser, in Abhängigkeit vom jeweiligen Zustand der Kniegelenke, kompetente und zielgerichtete Empfehlungen bezüglich des Verhaltens im Alltag und bezüglich sportlicher Aktivitäten aussprechen kann, um erstens die Beschwerden hinter sich zu lassen und um zweitens zukünftige Beschwerden zu vermeiden.
Dr. Hans Kuhlbrodt
(Das Interview führte Jane Uhlig.)