Richtig Trainieren – die Trainingsbereiche im Triathlon
- Jörg Birkel
Training verfolgt im Triathlon einen einfachen Zweck, es soll Dich schneller machen. Dafür ist es aber erforderlich, dass Du zielgerichtet trainierst. Für einen absoluten Neueinsteiger führt zwar anfänglich jedes Training zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit, aber einem unstrukturierten Training sind Grenzen gesetzt.
Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel: Wer einen 100-Meter-Sprint gewinnen will, sollte vor allem an seiner Sprintfähigkeit arbeiten, seine Schnellkraft und seine Spritzigkeit verbessern. Läuft ein Sprinter dagegen im Training immer nur lange Strecken mit langsamem Tempo, wird er sein Trainingsziel verfehlen.
Im Training spielt es also eine große Rolle, dass man das simuliert, was man später im Wettkampf abrufen will. Vereinfacht gesagt, sollte ein Sprinter daher im Training viel sprinten und ein Marathonläufer möglichst viel und lange laufen. In der Umsetzung wird es dann aber doch etwas komplexer.
Beim Triathlon fängt das Problem der Trainingsplanung schon damit an, dass es verschiedene Distanzen mit unterschiedlicher Dauer gibt. Genau wie in unserem Beispiel mit dem Sprinter und dem Marathonläufer muss ein Kurzdistanzler anders trainieren als ein Langdistanzler im Triathlon. Es macht nämlich einen erheblichen Unterschied, ob ich knapp 2 Stunden unterwegs bin oder über 8 Stunden.
Was die Leistungsfähigkeit im Wettkampf angeht, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: der aerobe Stoffwechsel, die maximale Sauerstoffaufnahme und die Laktattoleranz, aber auch die Kraft haben beispielsweise Einfluss auf die Wettkampfleistung.
Ein guter Trainer schaut sich also zunächst genau an, was im Zielwettkampf gefragt ist, um diesen zu gewinnen bzw. eine optimale Leistung abzurufen. Danach richtet er seine Trainingsplanung aus. Die Basis bei allen Ausdauersportlern bildet zwar die Verbesserung der aeroben Ausdauer, aber dennoch gilt es auch die Geschwindigkeitsentwicklung im Auge zu behalten.
Der Grundlagenbereich (GA)
Ein Großteil des Ausdauertrainings findet im so genannten Grundlagenbereich statt. Hier gilt es den aeroben Stoffwechsel zu verbessern. Der Körper verbrennt bei geringen Intensitäten Kohlenhydrate und Fette unter zufuhr von Sauerstoff und setzt dabei Energie frei.
Je langsamer wir laufen, radeln oder schwimmen, desto mehr Energie bezieht der Körper aus seinen Fettreserven. Training in diesem Bereich nennen wir auch Fettstoffwechseltraining bzw. Grundlagentrainingsbereich 1 (GA1).
Steigern wir das Tempo etwas, sinkt der Anteil der Fettverbrennung an der Energiebereitstellung und der Anteil der Kohlenhydratverbrennung steigt kontinuierlich an. Diesen Bereich nennt man auch Grundlagentrainingsbereich 2 (GA2). Genau wie im GA1-Bereich wird die Energie noch überwiegend unter Zufuhr von Sauerstoff bereitgestellt.
Die Ausbildung einer guten aeroben Grundlage ist die Basis für jeden Ausdauersportler und sollte etwa 80 bis 90 Prozent der Trainingszeit in Anspruch nehmen. Training im Grundlagenbereich verbessert die aerobe Ausdauer.
Hilfestellung: Training im GA1-Bereich sollte keinesfalls anstrengend sein und sich locker anfühlen. Training im GA2-Bereich ist leicht anstrengend, sollte aber über einen längeren Zeitraum möglich sein. (Beispiel: Langer Trainingslauf)
Der Schwellenbereich (SB)
Ab einem gewissen Intensitätsbereich kippt die Energiebereitstellung in den anaeroben Bereich, d.h. Kohlenhydrate werden im Körper ohne Zufuhr von Sauerstoff verbrannt. Mittels Leistungsdiagnostikverfahren wie der Spiroergometrie kann man den Stoffwechsel messen.
Der Bereich, an dem die Fettverbrennung auf Null sinkt und nur noch Kohlenhydrate verbrannt werden, nennt man auch anaerobe Schwelle. Wenn nicht genug Sauerstoff vorhanden ist, um Kohlenhydrate oder Fette vollständig zu verbrennen, bildet der Körper das Stoffwechselzwischenprodukt Laktat. Dabei wird ebenfalls Energie freigesetzt.
Bildet der Körper mehr Laktat, als er wieder abbauen kann, ist die anaerobe Schwelle überschritten. Diese Schwelle ist eine sehr individuelle Sache. Training knapp unterhalb der individuellen anaeroben Schwelle nennt man auch Training im Schwellenbereich. Es verbessert ebenfalls die aerobe Ausdauer, sorgt aber auch für eine Verschiebung der Laktatschwelle und eine höhere Laktattoleranz.
Hilfestellung: Training im Schwellenbereich fühlt sich nach kurzer Zeit sehr anstrengend an, kann aber über einen begrenzten Zeitraum aufrecht erhalten werden. (Beispiel: 2.000-m-Läufe)
Der Entwicklungsbereich (EB)
Überschreiten wir im Training die anaerobe Schwelle, dann steigt bei zunehmender Intensität die Laktatkonzentration in der Muskulatur und im Blut rapide an. Bei kurzen Ausdauerbelastungen wie einem 5 oder 10km-Lauf kann man eine Zeit lang oberhalb der Laktatschwelle laufen. Bei einem Marathon führt ein Tempo oberhalb der Schwelle dagegen unweigerlich zu einem späteren Leistungseinbruch.
Wer in einem Marathon oder einem Ironman starten will, sollte also nicht unbedingt jedes Training im Entwicklungsbereich absolvieren, sondern sich lieber auf die Trainingsbereiche unterhalb der Schwelle konzentrieren.
Dennoch ist es sinnvoll, die eine oder andere Tempoeinheit in den Trainingsbereich zu integrieren, um an der eigenen Schnelligkeit zu arbeiten. Es geht beim Ausdauertraining eben nicht nur um die Entwicklung der aeroben Ausdauer, sondern auch um Anpassung der Sauerstoffaufnahme, Verschiebung der Laktatschwelle, neuro-muskuläre Anpassungen und die Ausbildung von neuen Blutgefäßen und Mitochondrien.
Hilfestellung: Dieser Bereich fühlt sich ebenfalls sehr anstrengend an, kann aber nur wenige Minuten aufrecht erhalten werden. Die Atmung wird kürzer und die Beine fangen an zu brennen. (Beispiel: 800-m-Läufe)
Die Wettkampfspezifische Ausdauer (WSA) oder Spitzenbereich
Der Bereich der Wettkampfspezifischen Ausdauer ist der intensivste Trainingsbereich im Ausdauersport, wobei der Name etwas täuscht. Welche Intensität tatsächlich wettkampfspezifisch ist, hängt ja in erster Linie davon ab, welche Wettkampfdistanz man absolviert.
Für einen Triathleten auf der Sprintdistanz ist eine andere Ausdauerintensität wettkampfspezifisch als für einen Langdistanzler. Einen Ironman absolviert man in der Regel im GA1-Bereich-Es kommt darauf an, möglichst viel Energie aus Fetten zu beziehen, weil die Kohlenhydratreserven begrenz sind.
Dennoch ist in gewissen Phasen des Trainings angeraten, die eine oder andere Einheit im Spitzenbereich zu absolvieren. Das Training in dieser Belastungszone verbessert die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) und sorgt für positive Anpassungen in allen Ausdauerbereichen.
Aufgrund der hohen Intensität in diesem Trainingsbereich benötigt der Körper aber auch die längste Regenerationszeit, um sich an die gesetzten Reize anzupassen. Entsprechend solltest Du maximal eine oder zwei Trainingseinheiten pro Woche in diesem Bereich absolvieren und mindestens zwei Tage Pause einplanen, bevor Du Dich wieder intensiv belastest.
Hilfestellung: Training im Spitzenbereich ist extrem anstrengend und kann nur über kurze Strecken aufrecht erhalten werden. Die Atmung ist sehr kurz, die Beine brennen. (Beispiel: 200-m-Läufe)