Laureus-Botschafter Franz Klammer – Wie alles begann
- Redaktion
Fünf Mal gewann Franz Klammer die kleine Kristallkugel in der Abfahrtswertung, 25 Mal stand er bei Abfahrtsrennen im Weltcup ganz oben auf dem Podest – davon vier Mal beim legendären Hahnenkammrennen in Kitzbühel – und machte sich 1976 in Innsbruck mit seinem zweiten WM-Gold in der Abfahrt und als Olympiasieger in dieser Disziplin unsterblich.
Das Interview mit Franz Klammer
netzathleten: Herr Klammer, Laureus unterstützt in zahlreichen Projekten benachteiligte Jugendliche. Wie verlief denn ihre Jugend, würden Sie sie als behütet beschreiben?
Franz Klammer: In gewisser Weise war meine Jugend natürlich behütet, ich bin ja in einer Großfamilie aufgewachsen. Wenn auch in sehr einfachen Verhältnissen. Wir hatten als Kinder nicht einmal einen Fußball gehabt, von anderen Annehmlichkeiten ganz zu schweigen. Aber trotzdem empfand ich meine Kindheit als sehr schön, weil die Familie ja immer da war.
netzathleten: Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie in ihrer Jugend konkret zu kämpfen?
Franz Klammer: Als Kinder mussten wir damals auf dem elterlichen Hof in der Landwirtschaft ran. Nach dem Krieg mussten eben die Kinder mit anpacken, das war so üblich damals. Wenn andere zum Baden gegangen sind, haben wir gearbeitet, wir waren das so gewöhnt. Im Winter hatten wir dafür umso mehr Freiraum, da es in der Landwirtschaft nicht mehr so viel zu tun gab. Dann hatten wir aber das Problem, wo wir Ski und Skischuhe herbekommen sollten.
netzathleten: Wie sind Sie zum Sport gekommen?
Franz Klammer: Mit drei Jahren habe ich zum ersten Mal auf Skiern gestanden und bin später natürlich jeden Tag des Winters, praktisch jede freie Minute Ski gefahren, das war meine Lieblingsbeschäftigung Mit dem Rennen fahren habe ich hingegen eher spät angefangen, erst im Alter von 14 Jahren. Damals hat unser Skiclub auch begonnen, ein Ski-Training anzubieten.
netzathleten: Wie wurden Sie damals unterstützt, wer waren ihre Förderer?
Franz Klammer: Der Skiclub und dessen damaliger Obmann haben mich unterstützt, haben mir Ski zur Verfügung gestellt, die wir uns nicht hätten leisten können. Dadurch konnte ich überhaupt erst Rennen fahren. Auf dem Jugend-Skitag habe ich dann sogar mal ein Paar neue Ski gewonnen, so dass ich erstmals halbwegs konkurrenzfähiges Material hatte. Ich war zuvor ja nur mit dem schlechtesten Material angetreten, wenn ich das mit der damaligen Konkurrenz vergleiche.
netzathleten: War Ihr sportliches Talent damals trotz des schlechteren Materials schon deutlich erkennbar?
Franz Klammer: Kein Nachteil ohne Vorteil, denn durch die Arbeit in der Landwirtschaft war ich damals körperlich immer fitter als die anderen. Das hat neben dem Talent auch einen großen Ausschlag gegeben, dass ich in den ÖSV-Kader aufgenommen wurde.
netzathleten: Gab es auf dem Weg nach oben auch sportliche Rückschläge?
Franz Klammer: Natürlich gab es auch Rückschläge. Als ich mit 14 angefangen hatte, war ich noch relativ klein. Mit 16 hatte ich einen richtigen Wachstumsschub und hatte große Probleme mit der körperlichen Koordination. Ich wurde damals aus dem ÖSV-Kader gestrichen, durfte aber immerhin noch mittrainieren. Im nächsten Jahr habe ich mich dann in der internen Qualifikation wieder ins Team zurückgekämpft.
netzathleten: Sie haben dann also einen relativ normalen Weg eingeschlagen, um Profi zu werden. Viel Training, viele Reisen. Hatten Sie irgendwann einmal den Eindruck, auf irgendetwas in Ihrer Jugend verzichten zu müssen?
Franz Klammer: Nein, ganz im Gegenteil. Ich konnte Sport treiben, konnte Reisen, erlebte viel mehr als normale Jugendliche in und nach der Pubertät. Wenn man zu dieser Zeit das Bedürfnis hat, in die Disco zu gehen, dann ist man im Leistungssport sowieso fehl am Platz (lacht).
netzathleten: Sie unterstützen das österreichische Laureus-Projekt Schneetiger. Was sind die Ziele dieses Projektes?
Franz Klammer: Das Hauptansinnen ist es, unterprivilegierten und zum Teil auch leicht behinderten Kindern aus dem Großraum Wien die Möglichkeit zu geben, das Skifahren zu lernen und in die Berge zu reisen. Skifahren ist ja ein wunderbarer Sport. Man ist in der freien Natur unterwegs und erlebt Höhepunkte auf den Gipfeln der Berge. Das beeinflusst die Kinder auf sehr schöne Art und Weise. Auch, dass sie mit anderen Kindern Kontakt aufnehmen, gemeinsam in einem Skikurs unterwegs sind, schult sie weiterhin, in ihrem normalen Umfeld zurechtzukommen.
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netzathleten: Wird dort mit speziell ausgebildeten Skilehrern gearbeitet?
Franz Klammer: Das Projekt besteht ja schon einige Zeit. Durch die Unterstützung der Laureus Sport for Good-Stiftung haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen inzwischen natürlich verbessert. Deshalb handelt es sich auch immer um ausgebildete Pädagogen und Skilehrer, die sehr gut auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können. So wird den Kindern mehrmals im Winter das Erlebnis Berg auf nachhaltige Weise näher gebracht und man spürt bereits innerhalb von zwei bis drei Tagen, wie sie das gemeinsam genießen – und das ist das Wichtigste überhaupt.
netzathleten: Es ist klar, dass es bei diesen Camps nicht um den Leistungssportgedanken geht, aber welche Erfahrungen aus Ihrer aktiven Karriere können Sie den Kindern bei Ihren Projekt-Besuchen mit auf den Weg geben?
Franz Klammer: Jeder der Sport treibt, möchte doch etwas erreichen. Deshalb ist der Sport an sich schon ein sehr guter Lehrmeister. Man lernt Disziplin, Ehrgeiz, Fleiß und weitere Tugenden wie Pünktlichkeit und Rücksichtnahme auf die anderen, man ist ja in einem Team verbunden. Das gilt für Profis, aber ebenso für jeden anderen der Sport treibt.
netzathleten: Vielen Dank Herr Klammer.
Hier geht es zu einem aktuellen Bericht über die diesjährigen Skitage der Schneetiger
Hier erfahrt Ihr mehr über das Laureus-Projekt Schneetiger