Produkttest: Der Ecco Biom A
- Marco Heibel
Der dänische Schuhhersteller Ecco hat sich bis vor wenigen Monaten nicht gerade einen Namen im Laufschuhsegment gemacht – bis das Unternehmen im März das Biom-Konzept vorgestellt hat. Das Prinzip erscheint einfach: Der menschliche Fuß ist von Natur aus so beschaffen, dass er eigentlich nur wenig Unterstützung benötigt.
Über den Schuh
An dieser Natural-Motion-Philosophie hat sich Ecco orientiert und unter Mitwirkung des dänischen Triathleten Torbjørn Sindballe und des Biomechanikers Prof. Dr. Gert Brüggemann zwei Versionen des Biom entworfen: A für ambitionierte Läufer (Kilometerzeit im Bereich von 4 min) und B für Fitnessläufer (etwa 6 min/km). 2010 soll zudem noch eine C-Version für Gelegenheitsläufer (etwa 8 min/km) auf den Markt kommen.
Das A-Modell gibt es nur in der Unisex-Variante, während es vom B- und C-Modell sowohl eine spezielle Männer- und Frauen-Version gibt bzw. geben wird. Jede Version ist in zwei Varianten erhältlich: Zum einen mit Yak-Leder als Obermaterial (200 Euro), und zum anderen mit Mesh (180 Euro). Das Sohlenmaterial besteht aus direkt angespritztem Polyurethan.
Gemeinsam haben alle Modelle die minimalistische Dämpfung im vorderen Bereich und die anatomisch geformte Sohle. Weiterhin verfügen sie über keine seitlichen Stabilisierungselemente zur Bewegungskontrolle. So soll der Fuß sich freier bewegen können und wieder natürlicher „funktionieren“.
Der erste Eindruck
Der Ecco Biom A hat durchaus einen stolzen Preis. Da sind die Erwartungen natürlich groß. Mit im Schuhkarton enthalten ist neben den Schuhen und zwei Einlegesohlen (eine dickere für das Training, eine dünnere für Wettkämpfe) ein Trainingsplan, erstellt von Sportmediziner und Buchautor Dr. Matthias Marquardt, mit zahlreichen Empfehlungen für die ersten sechs Wochen. Darin heißt es unter anderem: „Ihre Muskeln sind in der Lage, sich dem neuen Bewegungsmuster innerhalb von 4-6 Wochen anzupassen. Sehnen, Bänder und Gelenke brauchen etwas länger. Das Training ist für den Körper ein langfristiger, gradueller Prozess.“
Gewöhnungsbedürftig ist jedoch nicht nur, dass man seinen Eifer erst einmal bremsen muss – der Trainingsplan empfiehlt z.B. für die erste Woche 2-3 lockere Jogging-Einheiten à 20 Minuten, die Belastung steigt kontinuierlich von Woche zu Woche um rund 5 Minuten pro Einheit an – sondern auch die Farbgebung des Biom A in der Yak-Leder-Variante (viel weiß, relativ viel gift-grün, etwas silber).
Weiterhin ist mir aufgefallen, dass der Schuh keineswegs außergewöhnlich leicht ist. Bei einem Vergleichstest mit meinem Laufschuh-Depot war der Biom A der schwerste Schuh. Fairerweise sei jedoch angemerkt, dass das Yak-Leder hier im wahrsten Sinne des Wortes schwer ins Gewicht fällt.
Auch mein Eindruck beim ersten Tragen lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: seltsam. Das liegt wohl vor allem daran, dass der Mittel- und Vorfuß kaum gedämpft sind, die Ferse dafür umso mehr.
Kritikpunkte
An diesem Punkt wurde ich etwas stutzig. So schrieb Dr. Marquardt, der Entwickler des Biom-Trainingsplana, doch in seiner 2005 erschienenen „Laufbibel“ noch, dass eine extreme Fersendämpfung eigentlich alles andere als natürlich sei. Na ja, möglicherweise hat man beim Biom A ein Zugeständnis an den hohen Anteil der Fersenläufer im Lande (rund 90 Prozent) gemacht. Mir als Mittelfußläufer kommt der „zentrale Aufsatzpunkt unter der Ferse“ jedenfalls alles andere als gelegen.
Weiterer Kritikpunkt: Um die Anpassung zu beschleunigen, empfiehlt der Hersteller, den Schuh täglich im Alltag zu tragen – mindestens einen halben Tag, besser den ganzen Tag. Je nach Beruf und Dresscode ist das natürlich für viele Menschen ein Ding der Unmöglichkeit.
Das Training mit dem Biom A
Um ein halbwegs fundiertes Urteil über den Schuh fällen zu können, habe ich mir für diesen Produkttest sechs Wochen Zeit gegeben. Zwei bis drei Einheiten standen wöchentlich an, hin und wieder habe ich den Schuh auch im Alltag getragen. Besonders aufgefallen ist mir, dass ich beim Joggen zunächst Probleme mit dem Aufsetzen hatte; schließlich macht es die im Vergleich zum Vorfuß deutlich erhöhte Ferse einem Mittelfußläufer relativ schwer, mit seinem Stil zu laufen. Die Folge war nach den ersten Einheiten teilweise starker Muskelkater im Bereich der unteren Wadenmuskulatur – eine Erfahrung, die ich vorher nach so kurzen Läufen noch nie gemacht habe.
Mit der Zeit hat sich mein Körper jedoch mehr und mehr angepasst. Die Beschwerden wurden immer weniger, sodass ich mich nach rund 4-5 Wochen mehr und mehr mit dem Schuh arrangieren konnte. Wenn ich dann mal zwischendurch das Tempo etwas angezogen habe, fielen mir die Vorzüge des Biom A auf: Der Schuh gibt einem ein sehr dynamisches Gefühl, und auch die große Flexibilität im Vorfußbereich erweist sich bei höherem Tempo als äußerst angenehm. Man hat so zu sagen das Gefühl, dass dieser Schuh für schnelle Läufe geschaffen ist – doch davor hat der liebe Gott (bzw. in diesem Fall der Hersteller) die Gewöhnung gesetzt.
Außerdem scheint der Schuh wesentlich besser für Läufe auf Asphalt geeignet zu sein als für Einheiten auf Naturwegen. Hier fehlte mir der „Grip“. Man hat auf unwegsamem Gelände das Gefühl, die Kraft nur teilweise in Vortrieb umsetzen zu können.
Fazit
Der Ecco Biom A ist sicherlich eine gute Alternative für jeden Läufer, der seinen Sport regelmäßig betreibt und sportlich ambitioniert ist. Allerdings sollte man vorher die relativ lange Anpassungszeit berücksichtigen. Von langen Läufen, die zu einer Marathon- oder Halbmarathonvorbereitung einfach dazu gehören, würde ich nach meinen Erfahrungen in den ersten Wochen und Monaten eher abraten. Hier sollte man besser strategisch vorgehen und mit dem Biom in einer ruhigeren Trainingsphase einsteigen.
Womit auch schon erwähnt wäre, was man unbedingt braucht, um sich an diesen Schuh zu gewöhnen: Geduld – und nach Möglichkeit einen Beruf, in dem man auch Sportschuhe tragen kann.
Mehr Infos gibt es unter www.ecco.com
Marco Heibel
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