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Handball - Ist die Nationalmannschaft noch reizvoll?

  • Martin Imruck
Bereits im Vorfeld der 23. Handball-Weltmeisterschaft in Spanien gab es im deutschen Lager viel Diskussionsstoff. Auslöser waren die Absagen von Lars Kaufmann und Holger Glandorf. Besonders die Entscheidung von Glandorf stieß auf Unverständnis. Aber ist die Kritik berechtigt?

Die deutsche Handball Nationalmannschaft ist nicht mehr das, was sie einmal war. Zumindest personell gesehen, denn nach den Rücktritten von Johannes Bitter (2011), Pascal Hens und Christian Sprenger (beiden 2012) reist das Team mit vielen Neulingen zur WM. Mit Lars Kaufmann und Holger Glandorf fehlen zwei weitere Leistungsträger. Die Absagen der beiden Profis der SG Flensburg-Handewitt sorgten allerdings für jede Menge Aufruhr, denn nicht jeder will den Profis die genannten Gründe für die Absage abnehmen. Viele befürchten, dass die Nationalmannschaft an Reiz verloren hat.

Aktuelle Situation von Glandorf und Kaufmann

Nach einer viermonatigen Pause und drei Operation der entzündeten linken Ferse, kehrte Glandorf Ende September zurück aufs Parkett. Seitdem scheint er auf dem besten Weg zurück zu alter Leistungsstärke. In den vergangenen fünf Spielen erzielte der 29-jährige Rückraumspieler 34 Tore. Alleine neun im Spiel gegen den THW Kiel, Triplegewinner des Vorjahres. Trotzdem sieht sich Glandorf (155 Spiele für Deutschland) „schweren Herzens“ noch nicht in der Lage ein solch großes Turnier zu spielen.

Anders sieht das bei Lars Kaufmann aus. Der linke Rückraumspieler ist seit dem 13. November gegen Magdeburg nicht mehr aufgelaufen und musste sich einer Meniskusoperation unterziehen. Der 28-jährige befindet sich noch in der Reha. Wann er wieder eingesetzt werden kann, ist bisher noch unklar. Daher ist seine Absage durchaus nachvollziehbar.

Die Reaktionen: Brand, Kretschmer und Heuberger enttäuscht

Nach den Absagen meldeten sich viele Personen aus der Handballszene zu Wort. DHB-Sportdirektor Heiner Brand zeigte sich traurig angesichts der Entscheidung: „Die Nationalmannschaft ist das Größte für einen Sportler“, erklärte die Trainerikone. Eine Teilschuld für die Absagen liege auch bei den Vereinen, so Brand, der vermutet, dass einige Vereine ihren Spielern aus Eigeninteresse von Einsätzen im Nationalteam abraten. So sei der Reiz, den die Nationalmannschaft versprühen sollte, verloren gegangen.

Ähnlich sieht das der ehemalige Handball-Nationalspieler Stefan Kretschmar. „Die Nationalmannschaft ist immer das Zugpferd unseres Sports. Wer zum Verzicht rät, hat keine Ahnung, worum es geht. Da wird von einigen viel zu kurzfristig und nicht weitsichtig genug gedacht“, erklärte der Handballstar gegenüber der Bild am Sonntag.

Bundestrainer Martin Heuberger soll in Gesprächen mit Glandorf versucht haben ihm Brücken zu bauen und seine Bedeutung für das Nationalteam klarzumachen. „Der Bundestrainer war zu Kompromissen bereit. Holger und sein Verein haben sich anders entschieden“, erklärte Brand in der Halbzeitpause des Testspiels gegen Schweden in Hamburg (28:28).

Die SG Flensburg-Handewitt konterte die Kritik umgehend: „Holger Glandorf ist aus medizinisch eindeutigen Gesichtspunkten gar nicht in der Lage, eine weitere und dann durchgehende Belastung wie eine WM unbeschadet zu überstehen", ließ der Verein in einer Mitteilung verbreiten.

Fest steht: Mit Glandorf fehlt eine weitere Stütze

Die Leistungen von Holger Glandorf in der Liga sprechen dennoch eine deutliche Sprache. Selbst mit Kurzeinsätzen und ausreichend Pausen zwischen den Spielen wäre Holger Glandorf der deutschen Mannschaft eine enorme Stütze gewesen. Nach allem was bekannt wurde, hat ihm Bundestrainer Heuberger genau einen solchen Kompromiss angeboten, weshalb die Enttäuschung von Brand, Kretschmer und Heuberger mehr als verständlich erscheint. Ohne Verletzungsrisiko sind die Einsätze in der Bundesliga schließlich auch nicht.

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