Wer hat’s erfunden?  Carving-Ski shutterstock.com/IljaMasik

Wer hat’s erfunden? Carving-Ski

  • Marco Heibel
Carving-Ski sind schon lange zu einem gewohnten Bild auf den Skipisten dieser Welt geworden. In den letzten 20 Jahren haben sie die klassischen untaillierten Alpinski verdrängt. Die Geschichte der Carving-Ski reicht aber viel weiter zurück und ist zunächst von vielen Misserfolgen geprägt.

Vorne breit, in der Mitte schmal, hinten breit – das sind die optischen Merkmale des Carving-Ski. Auf der Piste bewirkt diese Taillierung eine wesentlich größere Flexibilität und Agilität gegenüber seinem Vorläufer, dem einheitlich breiten und eher sperrigen Alpinski.

Carving-Ski: Reaktion auf den Snowboard-Trend


Die Vorteile auf der Piste sprechen eindeutig für den Carving-Ski. Doch vermutlich würde ihn heute niemand fahren, wenn nicht das Snowboard in den frühen 1990er Jahren die Skipiste erobert hätte. Snowboarden als die Wintersportvariante des Skateboardens hatte ein junges und dynamisches Image. Skifahren wirkte dagegen eher langweilig und altbacken. Die Absätze für Skier sanken entsprechend zu Gunsten der breiten Boards. Dabei schwärmten die Snowboarder besonders von dem Gefühl, sich auf die Kante zu stellen und sich dank der Taillierung ihres Bretts wie auf Schienen um die Kurve ziehen zu lassen.



Um dem Trend entgegenzuwirken und weiter ihre Latten zu verkaufen, brachten die Skihersteller in den 1990ern immer mehr Carving-Modelle auf den Markt, die wie das Snowboard das Fahren auf der Kante ermöglichten. Mittlerweile liegen die Ski beim Absatz wieder deutlich vor dem Snowboard: 2009 wurden in Deutschland rund 350.000 Paar Ski verkauft, aber nur rund 80.000 Snowboards.

Carving-Ski: Älter als man denkt


Was die wenigsten wissen: Die Carving-Ski sind nicht wirklich eine Entwicklung der 1990er, sie sind viel älter. Bereits 1870 erfand der Norweger Sondre Norheim nämlich den taillierten Ski. Die Latten bestanden aus Holz, die Bindung aus geflochtenen Weidenzweigen. Obwohl Norheims Ski über hervorragende Lenkeigenschaften verfügten, fand seine Idee nur wenige Anhänger. 1909 brachte dann mit der Firma Rossignol erstmals ein großer Hersteller einen taillierten Ski auf den Markt. Der Erflog blieb jedoch aus.

Der Durchbruch: Ein durchschnittenes Snowboard


In den späten 1970er Jahren kam dann der österreichische Skitechniker Reinhard Fischer auf die (in Vergessenheit geratene) Idee, dass man die Geschwindigkeiten im Profi-Skizirkus durch Taillierung der Alpinski deutlich erhöhen könne. Fischer machte sich mehr als ein Jahrzehnt lang auf die Suche nach Interessenten – und blitzte bei sämtlichen Funktionären und Skiherstellern mit seiner Idee ab.

1989 schlug jedoch die Geburtsstunde des modernen Carving-Skis: Fischer schnitt in seiner heimischen Werkstatt ein Snowboard der Länge nach durch. Das Resultat waren zwei kurze „Carving-Ski“ – zwar nur mit jeweils einer Kante, aber immerhin. Auf dieser Basis entwickelte Fischer einen ersten Snowrider-Prototypen.

Angesichts der bereits beschriebenen Absatzkrise auf dem Skimarkt besann sich schließlich auch der erste Skihersteller, VR-Ski, eines Besseren und nahm Fischers Idee mit etwas Verzögerung dankend auf. 1991 brachte das österreichische Unternehmen mit dem „Ergo“ schließlich den ersten massenkompatiblen Carving-Ski auf den Markt. Bald darauf zogen die anderen Hersteller nach.

Etablieren konnte sich das Konzept der Carving-Ski also erst knapp 120 Jahre nach seiner Erfindung. Genau genommen waren Carving-Ski also ein multipler Flop – oder einfach nur ihrer Zeit voraus.

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