Ringbandverletzungen beim Klettern - Symptome, Therapie, Prävention Daniel Jurczyk-Bäumer

Ringbandverletzungen beim Klettern - Symptome, Therapie, Prävention

  • Nils Borgstedt
Beim Klettern werden die Hände und Finger beansprucht wie bei kaum einer anderen Sportart. Dass Handverletzungen die häufigsten Verletzungen beim Klettern sind, ist da nicht verwunderlich. Besonders oft sind die Ringbänder in den Fingern betroffen. Aber was sind die Ringbänder genau und was sind klassische Symptome einer Ringbandruptur?

Ringbandverletzungen sind die häufigsten Handverletzungen beim Klettern. „Besonders häufig ist dabei das A2-Ringband betroffen, weil auf ihm die größte Belastung liegt“, erklärt Dr. Thomas Hochholzer, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie.

Ringband Anatomie

Insgesamt hat der Mensch in den Langfingern, also in Zeige-, Mittel-, Ring- und kleinem Finger je vier bis fünf Ringbänder. Die Ringbänder dienen dazu, die Beugesehne möglichst eng am Knochen zu führen und so eine maximale Kraftübertragung und die Einrollbewegung der Finger zu ermöglichen. Vereinfacht kann man sie als eine Verstärkung der Sehnenscheide bezeichnen.
Die Ringbänder werden mit A 1 bis 5 bezeichnet. A steht für Ligamentum anulare, die Zahl für das vom Handteller aus gezählte Ringband. Für Kletterer sind vor allem die Ringbänder 2 bis 5 relevant. Das A1-Ringband befindet sich auf Höhe der queren Hohlhandfalte. Die Ringbänder 2 bis 5 befinden sich am Grund- und Mittelglied sowie über dem Endgelenk.

Vor allem bei aufgestellter Fingerposition (s. Artikelbild und Schema links: Ringbandriss), die meist zum Halten von kleinen Griffen und Leisten angewendet wird, ist die Belastung auf die Ringbänder enorm. Die größten Kräfte wirken dabei auf das A2-Ringband am Grundglied des Fingers. Weitere Griffe und Züge, bei denen die Ringbänder stark belastet werden, sind so genannte Fingerlöcher, also Griffe, bei denen der Kletterer sich mit den Fingern in einem Loch festhält, und dynamische Züge, bei denen der Kletterer mit Schwung zum nächsten Griff schnappt und häufig in diesen „hineinfällt“.

Ringbandverletzungen: Entstehung und Symptome

Zu schweren Ringbandverletzungen, wie einer Zerrung, einem Anriss oder einem Riss, kommt es praktisch immer durch eine zusätzliche, plötzliche, ruckartige Belastung in Kombination mit den oben genannten Griffen beziehungsweise Fingerstellungen. Ein Beispiel für eine solche Zusatzbelastung ist das Abrutschen des Fußes vom Tritt: Rutscht man weg, hängt plötzlich das gesamte eigene Körpergewicht an den Fingern.

Ein Symptom des Ringbandrisses wäre damit also schon beschrieben: er wird durch ein echtes Trauma hervorgerufen. Überlastungen der Ringbänder können oftmals aber auch durch mehrere kleine und kleinste Verletzungen hervorgerufen werden. „Der Übergang zwischen einer Überdehnung, einer Zerrung, einem Anriss und einem Riss ist immer ein fließender.“, erklärt auch Dr. Hochholzer. „Eine genaue Diagnose lässt sich am besten mit dem Ultraschall stellen“, so der Experte weiter. 

Weitere Symptome für Ringbandverletzungen sind:

- Ein Krachen oder Schnalzen beim Unfall, das, so Hochholzer, „sogar noch von Leuten gehört werden kann, die ein paar Meter entfernt stehen, beispielsweise dem sichernden Kletterpartner“
- Schmerzen bei Belastung
- Bewegungseinschränkung
- Selten: Bluterguss
- Tastbares Hervortreten der Sehne.

„Meistens reißen die Ringbänder isoliert, in der Regel das A2-Ringband, da auf ihm die größte Belastung liegt. Dass mehr als ein Ringband reißt, kommt nur in etwa drei bis fünf Prozent aller Ringbandrupturen vor“, sagt Dr. Hochholzer. „Wenn dem aber so ist, herrscht eine große Instabilität der Beugesehne und man sollte diese Verletzung operieren.“

Ringbandverletzungen: Therapie

Wenn nur ein Ringband gerissen ist, empfiehlt Dr. Hochholzer eine konservative Therapie, sprich Ruhigstellung für mindestens 14 Tage auf einer Fingerschiene. Anschließend sollte man den Finger nochmals etwa zwei Wochen tagsüber tapen. Zusätzlich sind intensives Dehnen, Fingergymnastik und leichte Bewegungsübungen wichtig, um die Beweglichkeit des Fingers zu trainieren. Außerdem kann man nach der Ruhigstellung auch wieder mit leichten Kraftübungen beginnen, zum Beispiel mit Gummibändern oder Handknetmassen. Mit dem Klettern sollte erst wieder nach 8 bis 12 Wochen begonnen werden. Während den ersten Einheiten sollte man den Finger tapen.

Ringbandverletzungen verhindern

Stichwort tapen: immer wieder sieht man Kletterer die sich die Finger tapen, um sie zu schützen und die Gelenke zu entlasten. Allerdings eignet sich tapen nicht zur Prävention von Ringbandverletzungen – beziehungsweise nur bedingt. Präventiv sollte man nur tapen, wenn man weiß, dass die kommende Route oder kommende Boulder sehr „fingerlastig“ wird, sprich viele kleine Griffe, Leisten und Fingerlöcher hat. Andernfalls kann es sogar negative Auswirkungen haben. Dr. Hochholzer erklärt: „Im Laufe der Zeit kann es natürlich bei dauerndem Tapen auch zu einer Schwächung der Strukturen im Finger kommen.“

Im Grunde gibt es beim Klettern zwei Griffarten beziehungsweise Fingerpositionen: Erstens, die schon beschriebene aufgestellte Fingerposition, die Position, durch die die meisten Überlastungsbeschwerden und Verletzungen hervorgerufen werden. Die zweite Position ist eine hängende Position mit langaufgelegten Fingern. Bei ihr ist die Belastung der Finger nicht so hoch. Wer also seine Ringbänder schonen will, sollte versuchen aufgestellte Fingerpositionen zu umgehen. „Vor allem beim Klettern mit Kindern und Jugendlichen sind aufgestellte Finger möglichst zu vermeiden, da es hier neben Ringbandverletzungen häufig auch zu Wachstumsfugenverletzungen kommen kann.“, warnt Dr. Hochholzer. Dass das vor allem in höheren Schwierigkeitsgraden nicht immer ganz einfach ist, liegt allerdings auf der Hand.

Ringbandverletzungen: Erste Hilfe

Die erste Hilfe bei einer Ringbandverletzung ist laut Hochholzer relativ einfach. „Zumeist hat der Betroffene nur bei Belastung Schmerzen, ein Ringbandriss tut ansonsten nicht besonders weh. Als Erste-Hilfe-Maßnahme gibt’s daher eigentlich nur eins: Eis drauf und ab zum Arzt und diagnostizieren lassen“.

weitere Informationen zu unserem Experten Dr. Thomas Hochholzer gibt es unter: www.sportortho.com

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