gettyimages.de; Derk Hoberg
Cantona – Die gute Seite des Bösen
Er war eine Urgewalt auf dem Platz und sorgte auch abseits des Spielfeldes stets für Schlagzeilen. Eric Cantona spielte zu jener Zeit Fußball, als dieser begann, endgültig zur Show zu werden und war einer der ersten Protagonisten des neuen Milliardengeschäfts. Wir trafen einen engagierten Cantona bei den Laureus World Sport Awards in Shanghai und stellten fest, dass er nichts von seinem Charisma eingebüßt hat.
Breiten und bedächtigen Schrittes betritt Eric Cantona die riesige Bühne der Laureus World Sport Awards. Gerade groß genug ist dieser Schauplatz, um sein Ego zu beherbergen. Angesichts seiner Präsenz dort oben, geht ein Raunen durch das Publikum und es scheint, als wolle er jeden Moment sein berühmtes Zitat wiederholen: „I am not a man – I am Cantona“. Den Kragen trägt er noch immer aufgestellt. So, wie früher auf dem Platz, als er zwischen 1993 und 1997 maßgeblich am Gewinn von vier Meisterschaften von Manchester United beteiligt war. Zwei FA Cup-Titel und eine monatelange Sperre für seinen Kung Fu-Kick gegen einen Zuschauer gab es in dieser Zeit obendrauf.
Noch heute singen sie Lieder über Eric Cantona im Old Trafford, dem Stadion Manchester Uniteds, tragen T-Shirts mit seinem Konterfei und Trikots mit seinem Namen darauf. Für die Fans des englischen Rekordmeisters ist „King Eric“ eine lebende Legende. 2000 wählten sie ihn, den Franzosen wohlgemerkt, zum bedeutendsten United-Spieler aller Zeiten. Das hatte auch fußballerische Gründe. Wenn man ihm heute aber, knapp zwei Jahrzehnte nach seiner Karriere als Fußballer, gegenübersteht, bemerkt man schnell den wahren Grund dafür: Charisma. Noch immer geht eine enorme Strahlkraft von dem Mann aus, der hier nun auf der Bühne steht, um den Laureus Award für die Sportswoman of the Year an die äthiopische Leichtathletin Genzebe Dibaba zu vergeben.
Genau wie Eric Cantona. Tags zuvor hatte dieser bereits eine Pressekonferenz gegeben und zahlreiche Journalisten waren zu seiner Audienz erschienen. Neugierig, was der Mann zu sagen hat, der hier zwar in entspanntem Outfit samt Baskenmütze erschienen ist, im Normalfall aber kein Blatt vor den Mund nimmt. So verunglimpfte er einst Papst und Kirche und bezeichnete den ehemaligen französischen Nationaltrainer Domenech einmal als „schlechtesten Trainer seit Louis XVI“. Bereits vor 20 Jahren hatte er eine legendäre Pressekonferenz gegeben. Damals, nach seiner unverzeihlichen Kampfsporteinlage gegen einen Chrystal Palace-Fan, sprach er seinen anderen berühmten Satz: „Die Möwen folgen dem Fischkutter, weil sie denken, dass Sardinen ins Meer geworfen werden“. Nicht mehr und nicht weniger. Mit einem freundlichen „Thank you“ hatte er daraufhin das Podium ver- und die zahlreich anwesenden Möwen (Journalisten) mit all ihren Fragen zurückgelassen. Und auch heute in Shanghai bereut Cantona seinen Fehltritt noch nicht, schließlich hätte ihn der Fan – Cantona nennt ihn stets den Hooligan – aufs Übelste beleidigt: „Ich habe damit gezeigt, dass jeder Mensch gute und schlechte Dinge im Leben macht. Gute Dinge, auf die man stolz ist. Aber ich habe auch Mist gebaut, den ich jedoch nicht bereue, weil es nun mal mein Leben ist. Es schert mich auch nicht, ob das jemandem passt oder nicht. Niemand wird mir sagen, wie ich mich zu verhalten habe“. Damals war Cantona nur knapp einer Gefängnisstrafe entgangen – vom Verband und seinem Verein wurde er acht Monate lang bis zum Saisonende gesperrt.
Cantonas Meinungen zum Thema Fußball polarisieren noch immer, seine wahre Leidenschaft gilt heute aber der Schauspielerei. Er liebe die Kreativität daran und wolle sich die Freiheit erhalten, nur das zu tun, worauf er Lust habe. In 28 Leinwand-Auftritten hat er sich so bereits einen Namen als Darsteller gemacht. Darunter so kontrovers diskutierte Filme wie „You and the Night“, in dem es um eine Transvestiten-Orgie geht und der Cantona hier die Frage einbringt, ob es sich dabei nicht um einen Softporno handele. „Nein, das ist kein Porno“, antwortet ein noch immer entspannter Cantona. „Der Film ist ein Kunstwerk. Der Film ist fast schon zu schön. Haben Sie ihn schon gesehen?“, geht Cantona schließlich sogar in die Offensive und erklärt: „So etwas kann man nur mit einem tollen Regisseur drehen und man muss sehr selbstbewusst sein, solch eine Geschichte zu erzählen“. Womit wir am Kernpunkt in Cantonas Leben angelangt wären, jenem unerschütterlichen Selbstvertrauen, an dem es ihm nie gemangelt hat. Genau deshalb schlugen ihm seit jeher entweder Liebe oder Hass entgegen – etwas dazwischen konnte es nicht geben. Einzig sein fußballerisches Können war der gemeinsame Nenner, seine Leistung mussten alle anerkennen – 2005 wurde er zum besten Premiere League-Spieler aller Zeiten gewählt.
Eric Cantona bereut zwar nichts, der vierfache Vater aber hat sehr wohl verstanden, worum es hier in Shanghai geht: „Sport gibt Kindern die Möglichkeit, dazuzulernen. Und die Kombination bei Laureus, aus der Preisverleihung für die Vorbilder des Weltsports und der Projekt-Arbeit für die Zukunft der Kinder, ist für die ganze Gesellschaft von Bedeutung“. Genau aus diesem Grund freue er sich auch über den WM-Titel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die hier als beste Mannschaft des vergangenen Jahres ausgezeichnet wird. „Zum ersten Mal hat die ohnehin große Fußballnation Deutschland ein Turnier mit vielen Spielern mit Migrationshintergrund gewonnen. Da hat sich etwas geändert in der Gesellschaft und das gefällt mir“.
Genau solche Veränderungen möchte die Laureus Sport for Good-Stiftung mit ihren Projekten vorantreiben. Werte wie Fair Play, Teamgeist und Disziplin sollen Kindern mit auf den Weg gegeben werden, um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Es muss ja nicht gleich in solch übersteigertem Ausmaß sein, wie es Cantona vorzuweisen hat. Laureus will mit Sport dazu beitragen, benachteiligte Kinder zu integrieren und ihnen zu zeigen, dass auch sie wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sind. Und wenn ein kultiger Kerl vom Kaliber Cantona sich hier in Shanghai breitbeinig auf die Bühne stellt und sich für die gute Sache stark macht, ist immerhin eines gewiss: Weltweite Aufmerksamkeit für Laureus.
Noch heute singen sie Lieder über Eric Cantona im Old Trafford, dem Stadion Manchester Uniteds, tragen T-Shirts mit seinem Konterfei und Trikots mit seinem Namen darauf. Für die Fans des englischen Rekordmeisters ist „King Eric“ eine lebende Legende. 2000 wählten sie ihn, den Franzosen wohlgemerkt, zum bedeutendsten United-Spieler aller Zeiten. Das hatte auch fußballerische Gründe. Wenn man ihm heute aber, knapp zwei Jahrzehnte nach seiner Karriere als Fußballer, gegenübersteht, bemerkt man schnell den wahren Grund dafür: Charisma. Noch immer geht eine enorme Strahlkraft von dem Mann aus, der hier nun auf der Bühne steht, um den Laureus Award für die Sportswoman of the Year an die äthiopische Leichtathletin Genzebe Dibaba zu vergeben.
Die Laureus World Sport Awards
Dibaba war, wie alle anderen nominierten Sportler dieses Abends, von etwa 1.000 internationalen Journalisten zur Wahl vorgeschlagen worden. Die Laureus Acadamy, ein Kreis von etwa 50 Sport-Legenden unter Vorsitz von Edwin Moses, wählt aus den Nominierten dann jeweils die Weltsportler des Jahres. Beim „Oscar des Sports“ geht es neben der Auszeichnung für die weltbesten Sportler aber auch darum, größtmögliche Aufmerksamkeit für die sozialen Projekte der Laureus Sport for Good-Stiftung zu schaffen, um möglichst vielen benachteiligten Kindern und Jugendlichen helfen zu können. Bei der ersten Verleihung der Awards im Jahr 2000 hatte Nelson Mandela deshalb das Motto „Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern“ für die Laureus-Stiftung vorgegeben. Seither versammeln sich jährlich Größen aus Sport und Showgeschäft wie Fußballweltmeister Carles Puyol oder Schauspieler Bill Murray, um diese Botschaft auch bei der Preisverleihung in die Welt zu tragen.Genau wie Eric Cantona. Tags zuvor hatte dieser bereits eine Pressekonferenz gegeben und zahlreiche Journalisten waren zu seiner Audienz erschienen. Neugierig, was der Mann zu sagen hat, der hier zwar in entspanntem Outfit samt Baskenmütze erschienen ist, im Normalfall aber kein Blatt vor den Mund nimmt. So verunglimpfte er einst Papst und Kirche und bezeichnete den ehemaligen französischen Nationaltrainer Domenech einmal als „schlechtesten Trainer seit Louis XVI“. Bereits vor 20 Jahren hatte er eine legendäre Pressekonferenz gegeben. Damals, nach seiner unverzeihlichen Kampfsporteinlage gegen einen Chrystal Palace-Fan, sprach er seinen anderen berühmten Satz: „Die Möwen folgen dem Fischkutter, weil sie denken, dass Sardinen ins Meer geworfen werden“. Nicht mehr und nicht weniger. Mit einem freundlichen „Thank you“ hatte er daraufhin das Podium ver- und die zahlreich anwesenden Möwen (Journalisten) mit all ihren Fragen zurückgelassen. Und auch heute in Shanghai bereut Cantona seinen Fehltritt noch nicht, schließlich hätte ihn der Fan – Cantona nennt ihn stets den Hooligan – aufs Übelste beleidigt: „Ich habe damit gezeigt, dass jeder Mensch gute und schlechte Dinge im Leben macht. Gute Dinge, auf die man stolz ist. Aber ich habe auch Mist gebaut, den ich jedoch nicht bereue, weil es nun mal mein Leben ist. Es schert mich auch nicht, ob das jemandem passt oder nicht. Niemand wird mir sagen, wie ich mich zu verhalten habe“. Damals war Cantona nur knapp einer Gefängnisstrafe entgangen – vom Verband und seinem Verein wurde er acht Monate lang bis zum Saisonende gesperrt.
Fußball-Rentner mit umstrittenen Ansichten
Heute ist er Fußball-Rentner, wie er sagt. Ein paar Rosinen aus dem internationalen Spielkalender picke er sich heraus, um sich ein Bild vom Fußball-Geschehen machen zu können. So nimmt er mühelos einen spanischen Reporter aufs Korn, der eine Einschätzung zum möglichen Ende der spanischen Ära im Weltfußball möchte. Noch bevor der Journalist seinen Satz beendet, bekommt er von Cantona zu hören, dass ohnehin Katalonien Weltmeister geworden sei, nicht Spanien. Schließlich hätten „zehn Katalanen für Spanien gespielt und die ganze Nationalmannschaft von der Arbeit des FC Barcelona gelebt“. Tatsächlich waren es nur sieben Spieler vom FC Barcelona – ganz daneben liegt Cantona, dessen Großvater aus Barcelona stammt, mit seiner Einschätzung dennoch nicht. Und während der spanische Fragensteller noch an Cantonas Aussage knabbert, holt dieser bereits zum lockeren Rundumschlag gegen Messi und Ronaldo aus und ernennt den Argentinier Javier Pastore (Paris St. Germain) kurzerhand zum besten Fußballer der Welt: „Er ist der kreativste und deshalb spektakulärste Spieler der Welt und er kann dich jederzeit überraschen. Nicht nur durch Tore, sondern vor allem durch seine Pässe“.Cantonas Meinungen zum Thema Fußball polarisieren noch immer, seine wahre Leidenschaft gilt heute aber der Schauspielerei. Er liebe die Kreativität daran und wolle sich die Freiheit erhalten, nur das zu tun, worauf er Lust habe. In 28 Leinwand-Auftritten hat er sich so bereits einen Namen als Darsteller gemacht. Darunter so kontrovers diskutierte Filme wie „You and the Night“, in dem es um eine Transvestiten-Orgie geht und der Cantona hier die Frage einbringt, ob es sich dabei nicht um einen Softporno handele. „Nein, das ist kein Porno“, antwortet ein noch immer entspannter Cantona. „Der Film ist ein Kunstwerk. Der Film ist fast schon zu schön. Haben Sie ihn schon gesehen?“, geht Cantona schließlich sogar in die Offensive und erklärt: „So etwas kann man nur mit einem tollen Regisseur drehen und man muss sehr selbstbewusst sein, solch eine Geschichte zu erzählen“. Womit wir am Kernpunkt in Cantonas Leben angelangt wären, jenem unerschütterlichen Selbstvertrauen, an dem es ihm nie gemangelt hat. Genau deshalb schlugen ihm seit jeher entweder Liebe oder Hass entgegen – etwas dazwischen konnte es nicht geben. Einzig sein fußballerisches Können war der gemeinsame Nenner, seine Leistung mussten alle anerkennen – 2005 wurde er zum besten Premiere League-Spieler aller Zeiten gewählt.
Eric Cantona bereut zwar nichts, der vierfache Vater aber hat sehr wohl verstanden, worum es hier in Shanghai geht: „Sport gibt Kindern die Möglichkeit, dazuzulernen. Und die Kombination bei Laureus, aus der Preisverleihung für die Vorbilder des Weltsports und der Projekt-Arbeit für die Zukunft der Kinder, ist für die ganze Gesellschaft von Bedeutung“. Genau aus diesem Grund freue er sich auch über den WM-Titel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die hier als beste Mannschaft des vergangenen Jahres ausgezeichnet wird. „Zum ersten Mal hat die ohnehin große Fußballnation Deutschland ein Turnier mit vielen Spielern mit Migrationshintergrund gewonnen. Da hat sich etwas geändert in der Gesellschaft und das gefällt mir“.
Genau solche Veränderungen möchte die Laureus Sport for Good-Stiftung mit ihren Projekten vorantreiben. Werte wie Fair Play, Teamgeist und Disziplin sollen Kindern mit auf den Weg gegeben werden, um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Es muss ja nicht gleich in solch übersteigertem Ausmaß sein, wie es Cantona vorzuweisen hat. Laureus will mit Sport dazu beitragen, benachteiligte Kinder zu integrieren und ihnen zu zeigen, dass auch sie wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sind. Und wenn ein kultiger Kerl vom Kaliber Cantona sich hier in Shanghai breitbeinig auf die Bühne stellt und sich für die gute Sache stark macht, ist immerhin eines gewiss: Weltweite Aufmerksamkeit für Laureus.