gettyimages.de -- Letzte Vorbereitungen vor dem Eröffnungsspiel im Moskauer Luschniki-Stadion
Business Goals (3) - Standortfragen
- Dennis Trautwein
Die Fußballwelt schaut nach Russland. Das WM-Auftaktspiel zwischen dem Gastgeber und Saudi-Arabien in Moskau steht unmittelbar bevor, noch dazu wurde auf dem FIFA-Kongress vor Ort am heutigen Tag entschieden, dass die Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Mexiko und Kanada – Kurzform: „United“ – stattfindet. Und nicht in Marokko. Letztlich eine Entscheidung, die nicht unerwartet fiel, wenn auch die Deutlichkeit der Vergabe etwas überrascht.
134:65 Stimmen – das sind 67 Prozent für die nach den mutigen Beschlüssen pro Südafrika 2010, Brasilien 2014, Russland 2018 und Katar 2022 konventionellere Variante, jedenfalls aus Sicht des Weltverbandes. Eine Rückkehr auf vermeintlich kalkulierbareres Terrain. Der Umstand, dass 2026 erstmals 48 Teams dabei sind, war sicher ein Faktor, der gegen ein verhältnismäßig kleines Austragungsland sprach. Infrastruktur und Stadionbestand waren ebenfalls ein Plus für das Konzept der drei Kandidaten aus Übersee.
Mexiko erlebt nunmehr zum dritten Mal eine WM, die USA zum zweiten Mal, für Kanada ist es eine Premiere. Derweil bleibt auch Marokkos fünfte Bewerbung erfolglos und Südafrika weiterhin der einzige Gastgeber auf dem afrikanischen Kontinent.
Die Standortfrage ist immer essenziell für das WM-Erlebnis. Natürlich auch stets unter Berücksichtigung der geopolitischen Entwicklungen weltweit. Aber auch aus kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen: Man reist stets mit Erwartungen, Einschätzungen und bisweilen auch Vorurteilen in das Land des Gastgebers. Teilweise bestätigen sich diese dort, aber sehr oft lassen sie sich revidieren – wenn man die Menschen vor Ort versteht. Wenn man sich auf sie einlässt. Je enger man mit ihnen zusammen arbeitet, umso größer wird auch das gegenseitige Verständnis. Ein weiterer Faktor für die Atmosphäre bei einem solchen Event: Wie erfolgreich ist das Team des Gastgebers? Wie weit kommt es im Turnierverlauf? 2006 und 2014 erreichten Deutschland und Brasilien das Halbfinale, waren bis zum Schluss dabei. Das ist der Stimmung im Land freilich zuträglich. In den Stadien, in den Straßen, auf den Fan-Festen. 2010 in Südafrika kam die eigene Mannschaft nicht weit, aber die Menschen hatten sich stattdessen ein Stellvertreter-Team gesucht, eines, das den ganzen Kontinent vertritt und folglich sehr emotional unterstützt wurde bis ins Viertelfinale: Ghana.
Das Vertrauen der Russen in ihr eigenes Team ist nicht sonderlich ausgeprägt. Die Skepsis überwiegt. Sehr viel traut man dem Gastgeber hier nicht zu und es wird sich zeigen, ob die einheimischen Fans auch ein zweites Lieblingsteam auserkoren haben, auf das sich der emotionale Support dann übertragen ließe, sollte die ‚Sbornaja’ frühzeitig scheitern. Ich hoffe, dass bei den Einheimischen das große Fußball-Fest aus nach einem „Aus“ für ihr Team weitergefeiert wird. Ich wünsche den Russen und dem Turnier in jedem Fall, dass es mehr als nur drei Spiele der eigenen Mannschaft gibt.
Womit wir bei den Emotionen wären, die ich in meinem ersten Beitrag bereits beschrieben habe. Auch für die Partner und Sponsoren der FIFA geht es darum, diese Emotionen aufzugreifen und für sich zu nutzen. Die Plattform WM als statische Werbefläche zu nutzen – das wäre heutzutage viel zu eindimensional. Auch ist es nicht so, dass es den Unternehmen nur um Abverkauf-Steigerungen geht. Oder darum, das Produkt bekannter zu machen. Das sind natürlich auch strategische Ausrichtungen – aber damit erschöpft sich das Marketing-Spektrum bei einer WM noch längst nicht. Es geht oftmals auch darum, eine Marke emotional aufzuladen. Darum, eine authentische Geschichte über das eigene Unternehmen, das Produkt zu erzählen und diesen exklusiven Content in den WM-Kontext zu stellen.
Wer bei einer WM als Sponsor dabei ist, der stellt ja von vornherein etwas dar. Der ist schon ‚wer’ – ein großer Player in seinem Segment. Einfach ‚nur’ dabei zu sein, seine wichtigsten Kunden irgendwie zum Finale ins Stadion, in die Loge zu bringen – das reicht auf diesem Level nicht mehr. Das wäre ein zu teures Ticket angesichts der millionenschweren Partnerschaften zwischen der FIFA und ihren Partnern bzw. Sponsoren. Bandenwerbung, Logos, der Auftritt auf den Fan-Festen – das alles ist irgendwie standardisiert und reglementiert. Alle Player werden auf diese Weise repräsentiert sein. Aber wie kann man die Partnerschaften zum Leben erwecken? Wie schafft man besondere Erlebnisse? Alleinstellungsmerkmale? Wodurch kann man sich abheben? Wie schafft man es, eine Marke über kreative Ansätze zu positionieren?
Nun, die WM 2018 ist noch viel mehr als das Turnier in Brasilien vor vier Jahren ein digitales, ein Social Media-Event. Und auch die FIFA selbst hat sich wie ihre Partner und Sponsoren mit dem Markt weiterentwickelt. Sehr viele Partner-Aktivierungen finden ergo im digitalen Umfeld statt. Hier zum Beispiel gilt es sich wahrnehmbar zu positionieren und gute Ideen im Rahmen der Regularien zu entwickeln. Mit dem Claim „Light up the FIFA World Cup“ startet unser Kunde Budweiser in das Turnier – das klingt nicht nur groß und ambitioniert, sondern wird auch in allen Aktivitäten in Russland und international konsequent durchgezogen.
Wie das im Werbe-Kosmos FIFA WM darüber hinaus aussehen kann, beschreibe ich – unter anderem – im vierten Teil meiner Beitragsreihe. Bis dahin: Viel Spaß und Freude an der WM! Und: Daumen drücken für die deutsche Mannschaft, die am 17. Juni ihr Auftaktspiel gegen Mexiko bestreitet.
Ihr Dennis Trautwein
Zur Person: Dennis Trautwein
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war auch Dennis Trautweins ganz persönliches Sommermärchen – die erste WM-Teilnahme des damals 26-Jährigen: Sein Job im WM-Organisation-Komitee war der perfekte Einstieg ins Berufsleben. Und ein prägender. Denn Fußball-Weltmeisterschaften sollten auch nach seinem Wechsel zu Octagon Germany im Jahr 2007 eine große Rolle für den heute 38-Jährigen spielen. Sein strategischer Fokus lag in der Folge auf den FIFA WM-Turnieren 2010, 2014 – und aktuell natürlich auf der WM 2018 in Russland. Dennis Trautwein ist hierzulande einer der führenden Sportmarketingexperten – und absoluter Szenekenner.
Mexiko erlebt nunmehr zum dritten Mal eine WM, die USA zum zweiten Mal, für Kanada ist es eine Premiere. Derweil bleibt auch Marokkos fünfte Bewerbung erfolglos und Südafrika weiterhin der einzige Gastgeber auf dem afrikanischen Kontinent.
Die Standortfrage ist immer essenziell für das WM-Erlebnis. Natürlich auch stets unter Berücksichtigung der geopolitischen Entwicklungen weltweit. Aber auch aus kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen: Man reist stets mit Erwartungen, Einschätzungen und bisweilen auch Vorurteilen in das Land des Gastgebers. Teilweise bestätigen sich diese dort, aber sehr oft lassen sie sich revidieren – wenn man die Menschen vor Ort versteht. Wenn man sich auf sie einlässt. Je enger man mit ihnen zusammen arbeitet, umso größer wird auch das gegenseitige Verständnis. Ein weiterer Faktor für die Atmosphäre bei einem solchen Event: Wie erfolgreich ist das Team des Gastgebers? Wie weit kommt es im Turnierverlauf? 2006 und 2014 erreichten Deutschland und Brasilien das Halbfinale, waren bis zum Schluss dabei. Das ist der Stimmung im Land freilich zuträglich. In den Stadien, in den Straßen, auf den Fan-Festen. 2010 in Südafrika kam die eigene Mannschaft nicht weit, aber die Menschen hatten sich stattdessen ein Stellvertreter-Team gesucht, eines, das den ganzen Kontinent vertritt und folglich sehr emotional unterstützt wurde bis ins Viertelfinale: Ghana.
Das Vertrauen der Russen in ihr eigenes Team ist nicht sonderlich ausgeprägt. Die Skepsis überwiegt. Sehr viel traut man dem Gastgeber hier nicht zu und es wird sich zeigen, ob die einheimischen Fans auch ein zweites Lieblingsteam auserkoren haben, auf das sich der emotionale Support dann übertragen ließe, sollte die ‚Sbornaja’ frühzeitig scheitern. Ich hoffe, dass bei den Einheimischen das große Fußball-Fest aus nach einem „Aus“ für ihr Team weitergefeiert wird. Ich wünsche den Russen und dem Turnier in jedem Fall, dass es mehr als nur drei Spiele der eigenen Mannschaft gibt.
Womit wir bei den Emotionen wären, die ich in meinem ersten Beitrag bereits beschrieben habe. Auch für die Partner und Sponsoren der FIFA geht es darum, diese Emotionen aufzugreifen und für sich zu nutzen. Die Plattform WM als statische Werbefläche zu nutzen – das wäre heutzutage viel zu eindimensional. Auch ist es nicht so, dass es den Unternehmen nur um Abverkauf-Steigerungen geht. Oder darum, das Produkt bekannter zu machen. Das sind natürlich auch strategische Ausrichtungen – aber damit erschöpft sich das Marketing-Spektrum bei einer WM noch längst nicht. Es geht oftmals auch darum, eine Marke emotional aufzuladen. Darum, eine authentische Geschichte über das eigene Unternehmen, das Produkt zu erzählen und diesen exklusiven Content in den WM-Kontext zu stellen.
Wer bei einer WM als Sponsor dabei ist, der stellt ja von vornherein etwas dar. Der ist schon ‚wer’ – ein großer Player in seinem Segment. Einfach ‚nur’ dabei zu sein, seine wichtigsten Kunden irgendwie zum Finale ins Stadion, in die Loge zu bringen – das reicht auf diesem Level nicht mehr. Das wäre ein zu teures Ticket angesichts der millionenschweren Partnerschaften zwischen der FIFA und ihren Partnern bzw. Sponsoren. Bandenwerbung, Logos, der Auftritt auf den Fan-Festen – das alles ist irgendwie standardisiert und reglementiert. Alle Player werden auf diese Weise repräsentiert sein. Aber wie kann man die Partnerschaften zum Leben erwecken? Wie schafft man besondere Erlebnisse? Alleinstellungsmerkmale? Wodurch kann man sich abheben? Wie schafft man es, eine Marke über kreative Ansätze zu positionieren?
Nun, die WM 2018 ist noch viel mehr als das Turnier in Brasilien vor vier Jahren ein digitales, ein Social Media-Event. Und auch die FIFA selbst hat sich wie ihre Partner und Sponsoren mit dem Markt weiterentwickelt. Sehr viele Partner-Aktivierungen finden ergo im digitalen Umfeld statt. Hier zum Beispiel gilt es sich wahrnehmbar zu positionieren und gute Ideen im Rahmen der Regularien zu entwickeln. Mit dem Claim „Light up the FIFA World Cup“ startet unser Kunde Budweiser in das Turnier – das klingt nicht nur groß und ambitioniert, sondern wird auch in allen Aktivitäten in Russland und international konsequent durchgezogen.
Wie das im Werbe-Kosmos FIFA WM darüber hinaus aussehen kann, beschreibe ich – unter anderem – im vierten Teil meiner Beitragsreihe. Bis dahin: Viel Spaß und Freude an der WM! Und: Daumen drücken für die deutsche Mannschaft, die am 17. Juni ihr Auftaktspiel gegen Mexiko bestreitet.
Ihr Dennis Trautwein
Zur Person: Dennis Trautwein
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war auch Dennis Trautweins ganz persönliches Sommermärchen – die erste WM-Teilnahme des damals 26-Jährigen: Sein Job im WM-Organisation-Komitee war der perfekte Einstieg ins Berufsleben. Und ein prägender. Denn Fußball-Weltmeisterschaften sollten auch nach seinem Wechsel zu Octagon Germany im Jahr 2007 eine große Rolle für den heute 38-Jährigen spielen. Sein strategischer Fokus lag in der Folge auf den FIFA WM-Turnieren 2010, 2014 – und aktuell natürlich auf der WM 2018 in Russland. Dennis Trautwein ist hierzulande einer der führenden Sportmarketingexperten – und absoluter Szenekenner.