Dennis Trautwein
Business Goals - Hinter den Kulissen der WM
- Dennis Trautwein
Es war bei meiner zweiten WM-Teilnahme, 2010 in Südafrika. Dieser Moment, der in mir einen nachhaltigen Aha-Effekt auslöste. Die erste Fußball-WM auf dem afrikanischen Kontinent war für die Menschen dort ein Jahrhundert-Ereignis, ein Proof Point, 16 Jahre nach Ende der Apartheid – das konnte man in all diesen Wochen und Monaten fühlen. Diese WM hatte große Signalwirkung. Wir waren mit einer Gruppe von Kollegen und Kunden auf Einladung eines in Soweto lebenden Mitarbeiters von Octagon in einem der Townships. Für einen Teil der Reisegruppe – überwiegend weißer Hautfarbe – war es der erste Besuch in einer solchen Siedlung. Obwohl viele von ihnen ihr Leben lang in Johannesburg lebten. Das hat mich sehr berührt. Als dann die Gastgeber in Jo’-burg gegen Mexiko ihr erstes WM-Tor erzielten, tanzten und feierten die Menschen in diesem Township in Soweto ausgelassen auf den Straßen. Diese pure Emotionalität in diesem Umfeld mitzuerleben, das war auch für mich einschneidend.
Liebe Leserinnen und Leser, meine Kolumne heißt ‚Business Goals’. Denn: Eine Fußball-WM ist unbestritten ein Milliarden-Geschäft. Als Vice President von Octagon Germany bin ich mittendrin.
Vor allem Teile der Medien sprechen gern und oft von einer tiefen Kluft zwischen der Tradition des Fußballs und seiner Kommerzialisierung, zwischen der Fan-Base und dem ‚Big Business’, für das der Weltverband FIFA steht – und insofern letztlich auch wir als Marketing-Experten. Aber diese Darstellung greift trotz aller teils berechtigten Kritik zu kurz. Ich mag mich gar nicht darauf zurückziehen, dass niemand mehr die Uhr zurückdrehen wird. Ich möchte Ihnen als Gastkolumnist der Netzathleten neue Einblicke hinter die Kulissen und abseits des Spielfelds vermitteln, Perspektiv-Wechsel bieten und auch anregen. Mir liegt daran, aufzuzeigen, dass eine Fußball-WM immer noch ein riesiges Fest der Emotionen ist. Ein Fest primär für die Fans, nicht zu allererst für Firmen und ihre Kunden. Das größte und längste Sportereignis der Welt, das alle in ihren Bann zieht. Solch eine Sogwirkung, solch eine verbindende Kraft könnte eine WM ohne Emotionen und Leidenschaft niemals haben. Mein Erlebnis in den Townships von Soweto kann man nicht einfach so kaufen. Gefühle müssen erzeugt werden. Und darum geht es letzten Endes auch in meinem Job.
Wir sind in Russland für fünf FIFA-Partner auf unterschiedlichste Art und Weise im Einsatz: Gazprom, AB InBev (Budweiser), Kia Motors, Hublot und Alfa Bank.
Man unterscheidet seit dieser WM zwischen drei Sponsor-Ebenen: Es gibt die FIFA-Partner, die auf alle Events des Weltverbands werblichen Zugriff haben. Ebene zwei sind die World Cup Sponsoren, die auf globale Rechte für die Weltmeisterschaft und den Confederations Cup zugreifen, nicht aber beispielsweise auf die Frauen- oder die U21-WM. In Russland gibt es darüber hinaus zum ersten Mal Partner, die nur in einer von fünf Regionen die FIFA-Marken nutzen können. Auch wenn kurz vor Torschluss zumindest in Europa noch einige Pakete an den Mann gebracht werden konnten, hatte die FIFA bekanntlich große Schwierigkeiten, die regionalen Pakete zu verkaufen. Außerhalb von Europa ist nur ein Paket nach China vermittelt worden. Der schleppende Verkauf hat übrigens auch unsere Arbeit nicht leichter gemacht.
Die WM in Russland ist meine vierte. Ich darf mich inzwischen durchaus als Insider bezeichnen. Dabei hat jede Weltmeisterschaft wieder einen ganz eigenen Charakter, ganz eigene Herausforderungen – organisatorisch, logistisch, gesellschaftlich und kulturell. Russland hat andere Strukturen, eine andere Lebens- und Arbeitsmentalität. Sie ist der deutschen jedoch vergleichsweise näher als in Südafrika oder Brasilien. Man muss, wenn man in anderen Kulturkreisen unterwegs ist und arbeitet, in der Lage sein, auch mal die Perspektive der Gastgeber einzunehmen, deren Sicht der Dinge verstehen. Ohne dieses Gespür, ist es viel schwieriger, Lösungen zu finden.
Ab 4. Juni bin ich in Russland, dann werden viele der Planungen endlich Realität. Was an Herausforderungen auf uns wartet, lässt sich dank unseres großen Erfahrungsschatzes zwar in etwa ‚antizipieren’, doch erst wenn man vor Ort ist, verlässt man die konzeptionelle Ebene so richtig. Bei einem so großen Event und den sich daraus ergebenden Komplexitäten stößt man immer wieder an Grenzen.
Darüber und über vieles mehr berichte ich dann, wenn ich vor Ort bin. Ich freue mich drauf!
Ihr Dennis Trautwein
Zur Person: Dennis Trautwein
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war auch Dennis Trautweins ganz persönliches Sommermärchen – die erste WM-Teilnahme des damals 26-Jährigen: Sein Job im WM-Organisation-Komitee war der perfekte Einstieg ins Berufsleben. Und ein prägender. Denn Fußball-Weltmeisterschaften sollten auch nach seinem Wechsel zu Octagon Germany im Jahr 2007 eine große Rolle für den heute 38-Jährigen spielen. Sein strategischer Fokus lag in der Folge auf den FIFA WM-Turnieren 2010, 2014 – und aktuell natürlich auf der WM 2018 in Russland. Dennis Trautwein ist hierzulande einer der führenden Sportmarketingexperten – und absoluter Szenekenner.
Vor allem Teile der Medien sprechen gern und oft von einer tiefen Kluft zwischen der Tradition des Fußballs und seiner Kommerzialisierung, zwischen der Fan-Base und dem ‚Big Business’, für das der Weltverband FIFA steht – und insofern letztlich auch wir als Marketing-Experten. Aber diese Darstellung greift trotz aller teils berechtigten Kritik zu kurz. Ich mag mich gar nicht darauf zurückziehen, dass niemand mehr die Uhr zurückdrehen wird. Ich möchte Ihnen als Gastkolumnist der Netzathleten neue Einblicke hinter die Kulissen und abseits des Spielfelds vermitteln, Perspektiv-Wechsel bieten und auch anregen. Mir liegt daran, aufzuzeigen, dass eine Fußball-WM immer noch ein riesiges Fest der Emotionen ist. Ein Fest primär für die Fans, nicht zu allererst für Firmen und ihre Kunden. Das größte und längste Sportereignis der Welt, das alle in ihren Bann zieht. Solch eine Sogwirkung, solch eine verbindende Kraft könnte eine WM ohne Emotionen und Leidenschaft niemals haben. Mein Erlebnis in den Townships von Soweto kann man nicht einfach so kaufen. Gefühle müssen erzeugt werden. Und darum geht es letzten Endes auch in meinem Job.
Wir sind in Russland für fünf FIFA-Partner auf unterschiedlichste Art und Weise im Einsatz: Gazprom, AB InBev (Budweiser), Kia Motors, Hublot und Alfa Bank.
Man unterscheidet seit dieser WM zwischen drei Sponsor-Ebenen: Es gibt die FIFA-Partner, die auf alle Events des Weltverbands werblichen Zugriff haben. Ebene zwei sind die World Cup Sponsoren, die auf globale Rechte für die Weltmeisterschaft und den Confederations Cup zugreifen, nicht aber beispielsweise auf die Frauen- oder die U21-WM. In Russland gibt es darüber hinaus zum ersten Mal Partner, die nur in einer von fünf Regionen die FIFA-Marken nutzen können. Auch wenn kurz vor Torschluss zumindest in Europa noch einige Pakete an den Mann gebracht werden konnten, hatte die FIFA bekanntlich große Schwierigkeiten, die regionalen Pakete zu verkaufen. Außerhalb von Europa ist nur ein Paket nach China vermittelt worden. Der schleppende Verkauf hat übrigens auch unsere Arbeit nicht leichter gemacht.
Die WM in Russland ist meine vierte. Ich darf mich inzwischen durchaus als Insider bezeichnen. Dabei hat jede Weltmeisterschaft wieder einen ganz eigenen Charakter, ganz eigene Herausforderungen – organisatorisch, logistisch, gesellschaftlich und kulturell. Russland hat andere Strukturen, eine andere Lebens- und Arbeitsmentalität. Sie ist der deutschen jedoch vergleichsweise näher als in Südafrika oder Brasilien. Man muss, wenn man in anderen Kulturkreisen unterwegs ist und arbeitet, in der Lage sein, auch mal die Perspektive der Gastgeber einzunehmen, deren Sicht der Dinge verstehen. Ohne dieses Gespür, ist es viel schwieriger, Lösungen zu finden.
Ab 4. Juni bin ich in Russland, dann werden viele der Planungen endlich Realität. Was an Herausforderungen auf uns wartet, lässt sich dank unseres großen Erfahrungsschatzes zwar in etwa ‚antizipieren’, doch erst wenn man vor Ort ist, verlässt man die konzeptionelle Ebene so richtig. Bei einem so großen Event und den sich daraus ergebenden Komplexitäten stößt man immer wieder an Grenzen.
Darüber und über vieles mehr berichte ich dann, wenn ich vor Ort bin. Ich freue mich drauf!
Ihr Dennis Trautwein
Zur Person: Dennis Trautwein
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war auch Dennis Trautweins ganz persönliches Sommermärchen – die erste WM-Teilnahme des damals 26-Jährigen: Sein Job im WM-Organisation-Komitee war der perfekte Einstieg ins Berufsleben. Und ein prägender. Denn Fußball-Weltmeisterschaften sollten auch nach seinem Wechsel zu Octagon Germany im Jahr 2007 eine große Rolle für den heute 38-Jährigen spielen. Sein strategischer Fokus lag in der Folge auf den FIFA WM-Turnieren 2010, 2014 – und aktuell natürlich auf der WM 2018 in Russland. Dennis Trautwein ist hierzulande einer der führenden Sportmarketingexperten – und absoluter Szenekenner.