
Das liebe Geld – Interview mit Hockey-Nationalspieler Christopher Wesley
- Martin Imruck
netzathleten: Christopher, du bist Olympiasieger. Athleten vieler anderer Länder, die einen solchen Erfolg erreicht haben, haben ausgesorgt. Es wurde und wird derzeit viel über das Sportfördersystem in Deutschland diskutiert. Viele der Athleten von London studieren nebenbei oder bauen sich anderweitig ein zweites Standbein auf. Wird Spitzensport, abgesehen von ein paar Ausnahmen wie Fußball, Handball oder Basketball, in Deutschland zu wenig gefördert? Christopher Wesley: Das ist eine schwierige Frage. Ich sage mal so: mehr ginge immer. Und es ist natürlich auch so, dass wir Hockeyspieler, hätten wir keine Medaille geholt, für das nächste Jahr wieder einen kleineren Etat zugeteilt bekommen hätten. Und das hätte ja gut passieren können. Man verliert unglücklich das Spiel gegen Australien, wird am Ende vielleicht nur Vierter und schon interessiert sich wieder keiner mehr für einen. Und das, obwohl die Mannschaft nicht schlechter war, sondern einfach Pech hatte. Bei mir persönlich kommt noch hinzu, dass ich hier in Nürnberg im Verein nichts verdiene. Das ist in anderen Städten, beispielsweise Hamburg und Köln, anders, weil dort mehr Geld ist. Bei uns muss jeder nebenbei Studieren oder eine Ausbildung machen, um auch später genug zum Leben zu haben.
netzathleten: Was könnte man speziell im Hockey verbessern?
Christopher Wesley: Das geht eigentlich schon damit los, dass man Hockeyprofis Geld zahlen könnte. In Holland ist es die Regel, dass jeder Profi-Spieler auch Geld verdient, wenn auch nicht zwingend besonders viel. Ein paar hundert Euro vielleicht. Hier ist das eben nicht der Fall, und das, obwohl wir neben Holland eigentlich die beste Liga der Welt stellen.
Teilweise gibt es aber auch schon in Deutschland Modelle, bei denen man als Spieler von der Stadt finanziell unterstützt wird. Aber das gibt es selten und eben nicht flächendeckend. Selbst, wenn jeder sagen wir nur 400 Euro bekäme, wäre mit dem Geld der Sporthilfe und des Ausrüsters ein guter Grundstock gelegt.
netzathleten: In den „großen“ Sportarten, wie beispielsweise Fußball, werden Unmengen von Geld durch Sponsoren eingenommen. Wichtig für ein lohnendes Sponsoring ist auch mediale Präsenz. Ärgert es dich, das Hockey insgesamt in Deutschland relativ wenig (mediale) Beachtung erfährt und damit Sponsoren weniger Chancen haben, auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden?
Christopher Wesley: Ärgern ist zu viel gesagt. Klar, es war schön, diese Aufmerksamkeit jetzt ein paar Tage gehabt zu haben. Und es war schön, vor 15.000 Zuschauern zu spielen, und es war auch schön, sich selbst im Fernsehen zu sehen. Aber dass das nicht immer so ist, finde ich nicht so schlimm, oder sagen wir besser: Ich habe mich damit abgefunden. Es war ja noch nie anders. Damit habe ich persönlich also überhaupt kein Problem. Ich spiele trotzdem gerne Hockey und das passt dann schon.
netzathleten: Zum Abschluss noch eine Frage die indirekt auch mit der Problematik „Geld“ zusammen hängt. Was zählt mehr? Nationalmannschaft oder Club?
Christopher Wesley: Das ist wirklich eine schwere Frage. Aber ich glaube, das sind zwei Paar Schuhe. Ohne die Nationalmannschaft würde ich beispielsweise gar kein Geld verdienen. Großereignisse, wie eben Olympische Spiele kann man ja auch nur mit der Nationalmannschaft erleben. Auf der anderen Seite ist natürlich der Verein genauso wichtig. Hier sind meine Freunde, die ich seit Jahren kenne, und wir haben unglaublich viel Spaß zusammen. Man darf nicht vergessen, dass das die Jungs sind, die man jeden Tag sieht und mit denen man jeden Tag trainiert.
netzathleten: Christopher, vielen Dank für das Interview und alles Gute für die kommenden Aufgaben mit dem Club und der Nationalmannschaft.