"Nicht gut genug für die NBA" Hamann im Interview Steffen Hamann

"Nicht gut genug für die NBA" Hamann im Interview

  • Steffen Hamann
Im netzathleten-Interview erzählt Basketball-Nationalspieler Steffen Hamann von seinen Anfängen als "Buh-Mann" bei ALBA Berlin. Außerdem sagt er warum er nicht in der NBA spielen könnte und was ihn an Dirk Nowitzki so fasziniert.

Netzathleten: Steffen, warum bist Du Basketballer geworden?
Steffen: Ich habe mit 9 Jahren bei einem Mini-Camp teilgenommen und es hat da schon riesig Spaß gemacht. Bis ich 14 Jahre alt war habe ich auch noch Fußball, Tennis und Volleyball ausprobiert, aber mich letztendlich für Basketball entschieden.

Netzathleten: Seit Juni 2008 stehst Du bei ALBA Berlin unter Vertrag. Vorher warst du bei den Baskets Bamberg. Das sind die größten Rivalen der Liga. Welche Gedanken macht man sich bei einem solchen "Überlauf" und wie hast du den Wechsel empfunden?

Steffen: Nach 8 Jahren als Profi in Bamberg war es einfach an der Zeit, mal die Tapeten zu wechseln. Vor allem im Sport ist es wichtig, neue Herausforderungen zu suchen. Klar war es keine einfache Entscheidung, aber ich bin sehr froh, sie getroffen zu haben. Ich fühle mich sehr wohl in Berlin.

Netzathleten: Was waren die größten Schwierigkeiten für Dich in Berlin?
Steffen: Von der Mannschaft her gab es nie Probleme. Die meisten von meinen neuen Teamkameraden kannten mich und meine Spielweise.

Netzathleten: Was meinst Du mit "sie kannten meine Spielweise"?
Steffen: Naja, man weiß von mir, dass ich ein sehr emotionaler Spieler bin. Die Fans interpretieren das manchmal falsch. Wenn es sein muss, muss ich eben aggressiver spielen oder meine Mannschaft pushen. Das gehört ja auch schließlich zu meinen Aufgaben als Spielmacher. Ich beiße aber niemanden ein Ohr ab oder Ähnliches.


Netzathleten: Beim ersten Heimspiel von ALBA wurdest Du vom Publikum ganz schön ausgebuht. Damals sagtest Du der Berliner Morgenpost, Du hoffst, dass sich das bald bessern würde. Wie sieht es den mittlerweile aus?
Steffen: Ah, so schlimm war das gar nicht. Für die meisten Zuschauer war es einfach ein ungewohnter Anblick, und deshalb waren sie auch ein wenig skeptisch. Aber mittlerweile denke ich hat sich da einiges geändert.

Netzathleten: Die Zeitungen schrieben, dass die gesamte Halle von den Tribünen hinunter „buhte“. Hat Dir das gar nichts ausgemacht, oder hast Du Dir in deiner Karrieren einfach eine dicke Haut wachsen lassen?
Steffen: Ach das war alles völlig übertrieben. Natürlich ist es ein gefundenes Fressen für die Medien, wenn mal ein, zwei Leute von der Tribüne buhen. Ich konnte das ganz gut nachvollziehen, schließlich war ich jahrelang der Erzfeind. Ich habe mir natürlich auch einige Gedanken darüber gemacht, aber Angst hatte ich zu keinem Zeitpunkt.

Netzathleten: Was sind Deine wichtigsten Aufgaben als Spielmacher?
Steffen: In erster Linie muss ich die Verantwortung übernehmen und die Mannschaft führen. Dann muss ich natürlich auch Spielzüge aufbauen. Ich muss in den richtigen Momenten das richtige System finden und das Tempo des Spiels lenken. Ich bin in meiner Position der verlängerte Arm des Trainers und muss ihn blindlings verstehen.

Netzathleten: Was würdest Du sagen, sind die wichtigsten Voraussetzungen, damit eine Mannschaft überhaupt gut funktioniert?
Steffen: Wenn sich keiner über den anderen stellt. Es sollte jeder etwas in die Gemeinschaft mitbringen. Gerade in Phasen der Saison, wenn mal nicht alles rund läuft, ist es wichtig zusammenzuhalten. Es ist nicht immer einfach, die Stimmung hoch zu halten. Aber genau das ist es, was die erfolgreichen Mannschaften ausmacht.


Netzathleten: Welche Mannschaft auf internationaler Ebene fasziniert Dich besonders und warum?
Steffen: Vom Auftreten her kommt mir da immer sofort der FC Barcelona in den Sinn. Mit 15 hatte ich die Möglichkeit, mit meiner damaligen Jungendmannschaft ein Euroleague-Spiel anzuschauen. Und Barcelona hat mich schon damals sehr fasziniert.

Netzathleten: Du sagtest einmal zur Bildzeitung, dass du für die NBA nicht gut genug bist. Woher kommt diese selbstkritische Einschätzung?
Steffen: Ich hatte wie jeder Jugendspieler den Traum, in der NBA zu spielen. Aber mit den Erfahrungen, die man sammelt, war ich irgendwann der Meinung, dass ich leider nie gut genug sein werde.

Netzathleten: Würdest du dich nicht gerne einmal mit den NBA-Profis messen, um zu sehen, ob deine Selbstprognose stimmt?
Steffen: Mit der Nationalmannschaft hatte ich ja schon dreimal das Vergnügen, gegen NBA-Spieler zu spielen. Es hat auch riesigen Spaß gemacht, und die eine oder andere Aktion hat selbst bei diesen Spielen funktioniert. Aber trotzdem bleib ich bei meiner Meinung.

Netzathleten: Hast Du einen Lieblings-NBA-Spieler bzw. ein Vorbild aus der NBA?
Steffen: Früher natürlich Michael Jordan. Momentan favorisiere ich Dirk Nowitzki.


Netzathleten: Glaubst Du, dass Du bessere Chancen hättest, einem Dirk Nowitzki gleichzukommen, wenn du größer wärst?
Steffen: Nein, das denke ich nicht. Mit Dirk können sich nur sehr wenige Menschen messen. Außerdem bringen auch nicht alle Spieler der NBA 213cm mit.

Netzathleten: Was macht Deiner Ansicht nach das Besondere von Dirk Nowitzki aus?
Steffen: Dirk spielt auf allerhöchstem Niveau. So etwas wie ihn gibt es alle 100 Jahre. Mir fehlt da zum Beispiel der konstante Wurf. Verglichen mit einem NBA-Spieler hab ich auch nicht die Schnelligkeit, die Sprungkraft und auch nicht den Körperbau. So ein amerikanischer Basketballspieler wird schon von sehr früh an auf Ehrgeiz getrimmt. Die meisten von denen haben bereits mit 17 Jahren die Statur eines 30-jährigen. Das sind ganz andere Voraussetzungen.

Netzathleten: Was macht denn Nowitzki zu einem Vorbild?
Steffen: Seine Art und Weise. Vor allem wie er sich verhält. Er ist bodenständig und bescheiden. Er will immer normal behandelt werden und hat keine Starallüren.

Netzathleten: Stell Dir vor, es gäbe ein Duell zwischen Deinen beiden Vorbildern Michael Jordan und Dirk Nowitzki. Wer haut wen in die Pfanne?
Steffen: Das ist eine gemeine Frage! Außerdem spielen die beiden auf zwei unterschiedliche Positionen… Sprechen wir eigentlich von Jordans guten Zeiten?

Netzathleten: Von seinen allerbesten Zeiten!
Steffen: Ok, dann muss ich sagen, dass Jordan wohl von niemanden besiegt werden kann. Er ist einfach der beste Spieler aller Zeiten.

Netzathleten: Wo siehst Du Dich in 10 Jahren?
Steffen: Auf diese Frage hatte ich noch nie eine Antwort. Ich hoffe einfach, dass ich gesund bin. Der Rest kommt zwar nicht ganz von alleine, aber das wäre schon einmal eine wichtige Voraussetzung.

Vielen Dank für das Interview Steffen.


Interview: Maria Poursaiadi

Details

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  • Star Vita: Steffen ist am 14.6.1981 in Bamberg geboren. Nach der Mittleren Reife machte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Seit 2003 ist er Basketballprofi und spielt seit 2007 als Point Guard bei Alba-Berlin. Steffen ist eine feste Größe im Verein und der Nationalmannschaft, für die er seit 2003 auf dem Parkett steht.
  • Star Erfolge: Deutscher Meister 2005, 2007

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