Edles Doping – Leistung steigern mit Xenon-Gas thinkstockphotos.de

Edles Doping – Leistung steigern mit Xenon-Gas

  • Christian Riedel
Der Kampf gegen Doping ist ein Katz und Maus Spiel. Immer wieder kommt ein neues Mittel auf den Markt, für das erst einmal ein Test gefunden werden muss, ehe es bei Kontrollen nachgewiesen werden kann. Bei den Olympischen Spielen von Sotschi kam das Gerücht auf, die russische Mannschaft hätte sich mit Xenon gedopt. Doch fördert das Edelgas wirklich die Leistung?

Es war kurz ein handfester Skandal, als der WDR berichtete, dass sich ein großer Teil der russischen Mannschaft, die bei den Spielen von Sotschi die erfolgreichste Nation war, mit Xenon Gas gedopt haben soll (http://www.netzathleten.de/Nachrichten/Russische-Athleten-dopen-laut-WDR-mit-Xenon/Doping/6344449904409795179/a). Mittlerweile haben die Russen auch zugegeben, ihren Sportlern Xenongas zum Einatmen gegeben zu haben. Das Problem dabei ist, dass das Edelgas (noch) nicht auf der Dopingliste der Welt Anti Doping Agentur (WADA) steht. Das kann daran liegen, dass noch keiner auf die Idee kam, dass Xenon die menschliche Leistungsfähigkeit verbessern kann. Insofern liegt aber laut Definition kein Doping vor, auch wenn Xenon im menschlichen Körper einiges bewirken kann.

Xenon zählt zu den Edelgasen. Bisher wurde es beispielsweise als Inhalationsanästhetikum oder als Füllgas von Gasentladungslampen in Autoscheinwerfern (Xenonlicht) eingesetzt. Beim Menschen soll Xenon unter anderem die Epo-Konzentration im Blut erhöhen. Vereinfacht gesagt transportiert EPO im Blut den Sauerstoff. Mehr Epo bedeutet, dass auch mehr Sauerstoff in die Muskeln gebracht werden kann, die deswegen mehr Leistung bringen können.

Epo und Testosteron


Deutsche und britische Forscher konnten bereits in Tierversuchen nachweisen, dass Xenon dafür sorgt, dass „ein Protein im Körper hochreguliert wird, das wiederum die Neubildung von unterschiedlichen Proteinen wie zum Beispiel auch Epo anregt, so dass deren Konzentration im Körper steigt", erklärte Dr. Andreas Goetzenich von der RWTH in Aachen. Das bestätigt auch Professor Mario Thevis vom Institut für Biochemie der Sporthochschule in Köln. Thevis zu Folge steigt die Epo-Produktion im Körper innerhalb von 24 Stunden um den Faktor 1,6 auf 160 Prozent. Das Potential von Xenon-Doping kurz vor einem Wettkampf ist also enorm.

Diese Ergebnisse wurden bislang nur in Tierversuchen bestätigt. Die Doping-Forscher gehen aber davon aus, dass Xenon beim Menschen eine ähnliche Wirkung hat. Weiter geht aus Unterlagen hervor, dass Xenon die Testosteron-Konzentration im Körper erhöht. Das fördert unter anderem den Muskelaufbau.

Die Methode scheint in Russland nicht neu zu sein. Bereits bei den Olympischen Spielen von Athen (2004) soll ein Teil der russischen Mannschaft regelmäßig Xenon-Gas inhaliert haben. So sollen 2004 und bei den Winterspielen 2006 70 Prozent der russischen Medaillengewinner mit Xenon-Gas beatmet worden sein.

Doping oder nicht


Dass Xenon die Leistung verbessert, scheint klar zu sein. Weniger eindeutig ist dagegen die Frage, ob das Edelgas auf die Dopingliste gesetzt werden muss. Denn wie der Generaldirektor des russischen „Atom-Med-Zentrums“, die für die Xenon-Beatmung zuständig sind, gegenüber dem WDR erklärt hat, ist Doping nur dann „wenn Spuren von biochemischen Reaktionen bleiben. Wenn das nicht so ist - wie kann es dann ein Dopingmittel sein?“ Und genau diese Spuren bleiben beim Einatmen von Xenon nicht erhalten. Der Gründungspräsident der WADA, der Kanadier Richard Pound, sieht das dagegen anders. Für ihn ist das Einatmen von Xenon ohne einen therapeutischen Zweck ein Verstoß gegen die Richtlinien der WADA, auch wenn das Gas (noch) nicht auf der Dopingliste steht.

Xenon kann die Leistung erhöhen. Das scheint sicher zu sein. Insofern wird sich die WADA auf ihrer nächsten Sitzung mit dem Thema beschäftigen. Allerdings könnte auch ein Verbot von Xenon keine großen Änderungen herbei führen. Denn da es im Körper nicht nachweisbar ist, ist dem Missbrauch hier Tür und Tor geöffnet und die Doping-Kontrolleure haben ein weiteres Problem, mit dem sie sich beinahe chancenlos befassen müssen.

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